Tasting: Whisky und Praline 2016
Kurz vor dem Jahreswechsel - ich bin mal wieder spät dran mit meinem Artikel - gab es noch ein Highlight zu genießen: sechs Whiskies, jeder mit einer speziell dafür komponierten Praline. Gastgeber war diesmal nicht Michael allein, sondern er hatte Solvejg dazugebeten. Dass die beiden ein exzellentes "Genussteam" sind, hatten wir ja schon bei anderen Gelegenheiten erfahren, und so war es keine Frage, dass wir auch beim diesjährigen "Whisky und Praline"-Tasting dabei waren. Das hatten sich auch viele andere Genießer gedacht: der Saal war voll wie nie.
Balvenie Triple Cask, 16 yrs, 40%, Speyside
Es ging los mit einem Whisky aus der Speyside. Um den Balvenie Triple Cask zu kreieren, wurde der Whisky nicht, wie sonst üblich, nacheinander in verschiedenen Fässern gelagert, sondern es wurden drei Fasstypen "vermählt". Ich habe keine Angabe darüber gefunden, welche Fasstypen das waren, also versuchen wir es mit unseren Geschmacksnerven ...
Colour: M9 (Terracotta)
Nose: Es geht los mit einem ganzen Feuerwerk aus Düften: Holz, etwas Sherry, würzige Noten, Trockenfrüchte. Überhaupt ist der Eindruck recht fruchtig. Der Whisky ist - obwohl man den Alkohol durchaus findet - eher leicht.
Taste: Auf der Zunge ist das Holz ebenfalls deutlich, und im Gegensatz zur Nase hat es hier auch einige Bitternoten. Der Alkohol ist für die nicht üppigen 40% erstaunlich präsent, aber der Whisky ist sehr süß. Je mehr Zeit man sich nimmt, desto deutlicher dominieren Rosinen, Trockenfrüchte und Cranberries.
Finish: Das Finish ist nicht besonders lang, aber dabei weich und rundum angenehm.
Die Praline zum Whisky: Solvejg hatte gleich zu Anfang eine Kreation aus ungewöhnlichen Zutaten für uns bereit. Sind Mandeln und dunkle Schokolade noch keine große Überraschung, so zauberten uns Salz, Knäckebrot und Butterpopcorn doch einige erstaunte Falten auf die Stirn. Aber die Praline war sagenhaft (ich übernehme einfach mal wörtlich den Begriff aus meinen Notizen), und Whisky und Praline passen exzellent zusammen. Bei dieser Kombination stand eindeutig die Harmonie im Vordergrund.
Der Whisky in der Whiskybase: 41838
Cairn Guish, 12 yrs, 61%, Speyside, Spirit of Caledonia
Wir blieben zwar auch mit dem zweiten Whisky in der Speyside, aber ansonsten war das das schon etwas ganz anderes. "Cairn Guish" ist keine Destillerie, sondern der Name eines Hügels. Der Name der Destillerie darf bei dieser unabhängigen Abfüllung nicht genannt werden, aber wer weiß, dass der Cairn Guish unmittelbar neben der Destillerie von Glenfarclas liegt, der kann sich an zwei Fingern ausrechnen, woher der Whisky kommt.
Der Whisky wurde am 10.05.2004 destilliert und am 26.06.2016 abgefüllt. Den größten Teil dieser Zeit hat er in einem Refill Bourbon Hogshead (Cask #42) verbracht, bevor er für eine hochinteressantes Finish in ein Ex-Ledaig-Fass umgefüllt wurde, also der rauchigen Variante der Destillerie Tobermory. Ganze 285 Flaschen gibt es davon.
Colour: M2 (Mais)
Nose: Man riecht hier sehr intensiv die Alkoholstärke, außerdem Holz, Vanille und - aus dem Ledaig-Fass - Rauch. Alte Teeblätter mischen sich unter diese Aromen, aber auch fruchtige Noten, die an New Make, also frisches Destillat, erinnern.
Taste: Auch auf der Zunge sind Rauch und Akohol sehr präsent, außerdem bittere und süße Noten, die sich sehr schön ergänzen.
Finish: Das Abgang ist lang und warm.
Die Praline zum Whisky: Auch die Praline zu diesem Whisky hatte es in sich. Neben Koriandersaat, Fudge und Vanille enthielt sie Orangenmarmelade und Birne. Welch eine Mischung aus bitteren und süßen Geschmacksnoten. Aber auch welche geniale Ergänzung zum Whisky, der mit derselben Kombination aufwartete. Und je nachdem, welche Geschmacksknospen gerade mit ihren Meldungen zum Gehirn "durchkamen", wechselten Ergänzung und Reibung, Harmonie und Spannung in kurzen Abständen hin und her. Eine Achterbahn der Genüsse! Ach, und noch etwas: wenn man Whisky und Praline gemeinsam in den Mund nimmt, dann verschwindet die Alkoholschärfe komplett, während es einem beim "Nacheinander" (zuerst die Praline, danach den Whisky) die Sprache verschlägt, weil der Whisky gnadenlos zuschlägt. Alles in allem: eine unglaubliche Kombination, klarer Gewinner des Abends - und das bei weitem nicht nur bei mir.
Der Whisky in der Whiskybase: 84722
Ardbeg Uigeadail, NAS, 54,2%, Islay
Nun stand ein kleiner Ausflug auf die Inseln vor der Westküste auf dem Programm. Ardbeg ist bekannt für seine exzellenten Standardabfüllungen, und der Uigeadail ist eine davon. Wie alt er ist, weiß man nicht, aber die Mischung aus 90% Ex-Bourbon- und 10% Sherryfässern ist kein Geheimnis. Da ich diesen Whisky schon kannte, konnte ich mich zunächst zurücklehnen und genießen. Ein paar Notizen habe ich mir natürlich trotzdem gemacht.
Colour: M8 (Kupfer)
Nose: Hier finde ich alles, was ich an Ardbeg liebe: Rauch, Salz und See, dazu dezenter Sherry. Die klassische "Moorleiche" lässt sich ein bisschen bitten, aber am Ende riecht man auch sie.
Taste: Auf der Zunge ist der Sherry deutlicher, dafür hält sich der Rauch im Hintergrund. Neu kommen Karamellnoten hinzu.
Finish: Der Abgang ist so, wie man es von einem Ardbeg moderner Prägung erwartet: lang und intensiv.
Die Praline zum Whisky: Der Uigeadail hat viele Liebhaber, und Solvejg gehört dazu. Deshalb konnte man erwarten, dass es auch hier eine hervorragend zum Whisky passende Praline geben würde. Als Zutaten waren darin China Lapsong Souchong Tee, Chili, Meersalz, Lakritz und Räuchertofu enthalten. Für sich genommen war das eigentlich eine Kreation mit vielen Gegensätzen: sanfter Tee mit scharfem Chili, Salz und Salmiak mit Räuchernoten. Das Faszinierende hier war, dass sich alles mit dem Whisky zu einem leckeren Curry vereinigte. Auch wenn die Kombination nicht ganz an den Cairn Guish mit seiner Orangen-Birnen-Praline herankam, war das für mich eindeutig die zweitbeste Kombination des Abends, wobei der Reiz diesmal nicht in den Gegensätzen, sondern im Zusammenspiel lag.
Der Whisky in der Whiskybase: 77011
Macallan Sherry Oak, 12 yrs, 40%, Speyside
Zurück in die Speyside. Macallan gilt als eines der Flagschiffe der Malt Whisky Industrie. Ehrlich gesagt, mir ist diese Destillerie eher selten ins Glas gekommen. Allein das ist schon mal ein Grund, ihn sich näher anzusehen.
Colour: M10 (Hennarot)
Nose: In der Nase ist das - nicht verwunderlich - ein ganz klassischer Sherryvertreter. Wir finden Sherry, Rosinen, andere Trockenfrüchte, Rum und Punsch.
Taste: Auch auf der Zunge ist der Macallan jetzt nicht deutlich anders als zu erwarten war. Natürlich ist auch hier wieder Sherry dabei, dazu Rosinen, Trockenfrüchte und Rumtopf. Neu finden wir Schokoladennoten und ein paar Andeutungen von Malz. Bemerkenswert: der Alkohol (ich hätte beinahe geschrieben "der nicht vorhandene Alkohol", aber 40% sind es ja denn doch) ist recht präsent.
Finish: Das Finish ist ganz schön lang (was ich bei nur 40% Alkohol überraschend fand), aber weich.
Die Praline zum Whisky: Auch hier hatten wir alles andere als eine Standardpraline. Die enthielt Muskatnuss (was bei mir Erinnerungen an die Kindheit auslöste - meine Großmutter hatte immer eine Muskatnuss samt Reibe im Schrank liegen), Kokosblütenzucker, Printen und Zartbitterschokolade. Gekrönt war die Praline mit ein paar "Streuseln" aus Cranberries. Lecker, aber ohne wirkliche Chance gegen die schon beschriebenen Favoriten des Abends. In der Kombination mit dem Whisky macht die Praline den Macallan intensiver, und der Gegensatz zur süßen Praline lässt ihn herber wirken. In meinen Augen gewinnt er dadurch.
Der Whisky in der Whiskybase: 115
Kilkerran, 12 yrs, 46%, Campbeltown, Glengyle Distillery
Noch einmal verlassen wir die Speyside und reisen nach Westen. Diesmal landen wir allerdings nicht auf einer Insel, sondern in Campbeltown, der ehemaligen Whiskyhauptstadt Schottlands. Von den ehemals um die 30 Destillerien sind heute noch ganze drei übrig geblieben, unter anderem Glengyle, die ihren Whisky aus namensrechtlichen Gründen nicht unter dem Namen der Destillerie verkaufen dürfen. Stattdessen füllt man die Whiskies unter der Bezeichnung Kilkerran ab. Seit Jahren gibt es verschiedene WIP (Work in Progress) Abfüllungen, und seit ein paar Monaten nun den 12-jährigen als ersten "echten" Whisky. Nun ja, die WIPs, die ich probiert habe, kamen mir auch schon ganz schön echt vor. Aber heute war es der 12 yrs.
Colour: M5 (Senf)
Nose: Der Kilkerran riecht frisch und süß. Holz und Vanille finden wir, und eine Fruchtigkeit (mit Zitrusfrüchten, Banane), die an frisches Destillat, also den New Make Spirit, erinnert.
Taste: Auch auf der Zunge finden wir die Frische, Süße und Fruchtigkeit, die schon in der Nase da waren. Aber hier kommen auch kräftigere Noten dazu: Pfeffer, Honig und etwas ölig Wirkung.
Finish: Der Abgang ist lang und spielt sich hauptsächlich im Hals ab. Am Ende wird der Eindruck leicht salzig.
Die Praline zum Whisky: Frische und Süße auf der einen Seite, Pfeffer auf der anderen. Wie muss die dazu passende Praline aussehen? Pfeffer gehört hinein, außerdem Kartoffelchips, Butterkeks und Milchschokolade. Komische Zusammenstellung? Natürlich nicht! Im Gegenteil. Erst süß, dann scharf. Und die Praline spielt mit den Noten im Whisky. Nimmt man einen Schluck Whisky nach der Praline, holt er viel von dem Pfeffer aus der Praline, die schön weich und rund wird. Nimmt man Whisky und Praline zusammen, wird der Pfeffer noch verstärkt. Na gut, die Erinnerung an Haggis-Chips, die am Ende noch auftaucht, verbuche ich dann eher unter Kuriositäten ...
Der Whisky in der Whiskybase: 85213
Speyside Distillery, 20 yrs, 54,1%, Speyside, 1995 - 2016, Ex-Bourbon-Cask, 50 botttles, Taste-ination
Zum Schluss gab es nochmals einen alten Bekannten: die Messeabfüllung zur ersten Kronberger Genussmesse hatten nicht nur wir, sondern auch Solvejg schon mal im Mund gehabt. Ich hatte damals (mit Lars, Michael und meiner Frau zusammen) die Tastingnotes dazu erstellt, Solvejg hatte eine Praline zur Messe speziell für diesen Whisky entworfen. Leichtes Spiel also? Mitnichten. Die Erinnerungen waren weg, und das Rezept der ersten Praline ebenso. Fangen wir also von vorne an ...
Colour: M6 (Ocker)
Nose: In der Nase ist das ein feiner, aber ganz klassischer Whisky, Holz und Vanille herrschen vor, dazu ein paar süße Noten. Und den Alkohol kann man nicht übersehen. Übersehen? Überriechen? Egal, man kommt jedenfalls nicht daran vorbei.
Taste: Und auch im Mund setzen sich die Eindrücke aus der Nase fort. Holz und Vanille, Schärfe (vom Alkohol). Außerdem schmeckt man ihm sein Alter deutlich an.
Finish: Der Abgang schließlich ist mittellang und hat immer noch eine gewisse Schärfe.
Die Praline zum Whisky: Die letzte Praline des Abends war nun eine fast klassische Süßigkeit aus Fudge, Marzipan, Walnuss, Pekanuss, Bitterschokolade und Vanille. Nimmt man einen Schluck Whisky nach der Praline, so wirkt der Whisky recht bitter - wohl im Kontrast zu der süßen Praline. Zusammen genossen macht die Praline den Whisky scharf und pfeffrig, geradezu bissig. Ein Paukenschlag zum Abschluss.
Der Whisky in der Whiskybase: 80992
Fazit
Das Fazit kann ich ganz kurz machen: es gibt wenige Gelegenheiten, bei denen man eine solche Geruchs-, Geschmacks- und vor allem Genussvielfalt erleben kann wie ein Tasting, bei dem Whisky und Pralinen so perfekt aufeinander abgestimmt sind. Und das funktioniert nur, wenn zwei Meister ihres Faches ihre Fähigkeiten kombinieren. Wer die Gelegenheit hat, ein solches Tasting zu erleben, der sollte sie ohne zu zögern ergreifen!
Zum Veranstalter gehts hier: malt'n'taste
Zu den Süßigkeiten gehts hier: Das Bernsteinzimmer: yes