Laphroaig Lore
Laphroaig hat den Ruf, eine schwierige Destillerie zu sein. Ganz oder gar nicht mag man die Whiskies der Destillerie, die in Fußreichweite von Port Ellen liegt, einem der Zentren von Islay. Für viele ist der intensive Torf und die medizinische Note das höchste der Gefühle, andere schreckt eben dies ab. Meine Vorlieben, was Whisky angeht, liegen zwar auch auf den westlichen Inseln (insbesondere Mull und Islay), aber Laphroaig steht nicht ganz an der Spitze meiner Favoriten. Dabei weiß ich aus eigener Erfahrung, dass Laphroaig sehr gute Whiskies (und die Mehrzahl ist hier Absicht) zu bieten hat.
Deshalb war ich auch durchaus angetan, als Laphroaig kürzlich mit dem Lore (48%, NAS) eine neue Abfüllung präsentierte, die laut Whiskyexperts dauerhafter Nachfolger des Laphroaig 15 yrs werden soll. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe für einen Whisky ohne Altersangabe, aber wer weiß ...
Jedenfalls war ich neugierig, und als ich auf eine Flaschenteilung stieß, deckte ich mich mit einem Sample ein, um zu testen, ob das ein geeigneter Kandidat für die Mitbringsel sein könnte, wenn es bald wieder nach Islay geht. Ich habe mit meiner Frau ein kleines Home-Tasting veranstaltet, und nach den ersten beiden Whiskies (Bowmore 1965 und Lagavulin Feis Ile 2015) war klar, dass der Lore an diesem Abend gegen starke Konkurrenten antreten würde.
Colour: M7 (Safran)
Nose: Das hat etwas angenehm Wärmendes, was da zuerst in der Nase landet. Danach kommen Gerste und eine leichte Fruchtigkeit, und natürlich die klassischen Laphroaig-Noten: Torf, Jod, Gischt, feuchte, etwas modrige Erde, Meer. Interessant fand ich, dass mich die Fruchtnoten an New Make erinnerten, was in der Regel eher ein Zeichen für einen recht jungen Whisky ist. Das finde ich für den designierten Nachfolger eines 15-jährigen Whiskys schon ungewöhnlich.
Taste: Auf der Zunge ist der Lore zunächst leicht und süß, mit salzigen Anklängen. Auch der Torf ist wieder da, jetzt aber ohne die modrige Note aus der Nase, sondern frisch, kühl und wie Gischt aus dem Meer. Später noch eine Idee von Leder (Assoziation: Ledersessel) und ganz leichte, angenehme Bitternoten.
Finish: Das Finish fand ich kurz und unspektakulär.
Tja, und jetzt? Ehrlich gesagt, ich bin ein bischen enttäuscht. Den 15-jährigen, den der Lore ja ablösen soll, habe ich (zumindest in der "Edition 200") erheblich besser in Erinnerung. Selbst wenn ich in Gedanken abziehe, dass ich letzteren schon vor einer ganzen Weile getrunken habe und der Lore heute Abend im Vergleich keinen leichten Stand hatte: ich hätte mehr erwartet. Die Pläne, eine Flasche aus der Destillerie mitzubringen, habe ich erstmal auf Eis gelegt. Das Gewicht und Budget kann ich, glaube ich, besser verwenden. Nun gut, eine Hintertür lasse ich mir offen: ich werde beim Laphroaig Day vermutlich die Gelegenheit haben, den Lore nochmal zu probieren. Eine Gegenprobe sollte man ihm durchaus zugestehen. Aber er muss sich anstrengen ...
Wertung:
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