Den Bruichladdich Ancien Regime mit 46% gab es als Festivalabfüllung zum Feis Ile 2011. Ein Sample davon hat zu uns gefunden, und wir haben ihn natürlich verkostet.
Destilliert wurde der Ancien Regime am 18.06.1998, abgefüllt 2011. Das macht ein "legal age" von 12 Jahren. Gelagert wurde er in Ex-Bourbon Casks, und abgefüllt hat man 2500 Flaschen. Wenn man den Angels' Share überschlagsweise abzieht, dann hat man dafür etwa zehn Fässer benutzt - vorausgesetzt, es waren 0,7-l-Flaschen.
Nose: Nur wenig Alkohol strömt in die Nase, passend zur relativ niedrigen Trinkstärke. Wir riechen dafür Klebstoff, (wenig) Holz, süße Noten mit einem leicht säuerlichen Stich (ich meine frische Säure aus Früchten, nicht etwa saure Milch oder so etwas), Süßholz und Hustensaft. Weniger diese süßen Kindersäfte, eher medizinisch und würzig. Vanille ist für einen Whisky aus Ex-Bourbon Casks nur sehr wenig zu bemerken. Sie erinnert ein bisschen an eine Vanilleschote: ölig, säuerlich, bitter. Naja, diese letzten Noten sind natürlich ebenfalls nur ganz leicht vorhanden und markieren nur die Richtung, in der die Vanillenote von der gewohnten Richtung anderer Ex-Bourbon-Whiskys abweicht.
Taste: Auch im Mund finden wir nicht sehr viel Alkohol. Vielleicht liegt das daran, dass er sich nicht so sehr als Schärfe auf der Zunge bemerkbar macht, sondern eher etwas ätherisch im Mundraum. Der Whisky hat viele würzige Noten, die für Ex-Bourbons typische Süße ist zwar vorhanden, bleibt aber elegant im Hintergrund, drängt sich nicht auf. Holznoten sind vorhanden und bleiben lange auf der Zunge. Beim Schlucken kommen dann noch Aromen, die uns an Pflaumenwein erinnern. Auch hier finden wir eine ganz leichte Säuerlichkeit. Der Eindruck, der am nachhaltigsten bleibt, ist aber der von Weichheit und Wärme.
Finish: Die Wärme setzt sich auch im Finish fort. Lang, warm und tief verabschiedet sich der Ancien Regime.
Wertung:
Auch wenn Ex-Bourbon Whiskys nicht meine bevorzugte Beute sind: dieser hier ist ein leckerer Vertreter seiner Art. Der dürfte gerne wiederkommen.
Es ist schon eine ganze Weile her, dass wir auf der Limburger Whiskymesse am Stand von Malts of Scotland (MoS), einem exzellenten unabhängigen Abfüller aus Paderborn, standen und uns überlegten, was wir denn so als nächstes probieren könnten. Die Wahl meiner Frau fiel auf den Bruichladdich mit dem hübschen Beinamen Valentine's Kiss. Den hatte er laut Flaschenetikett von Robin Laing bekommen, dem schottischen Barden, den wir vom Bruichladdich Day 2015 kannten und der (wie wir erst viel später erfahren haben) auch zu dem Gremium gehört, das unter Beigabe von blumigen bis schrägen Beschreibungen die Fässer der SMWS zur Abfüllung freigibt.
Als meine Frau nach jemandem suchte, der ihr einen Dram dieses Whiskys verkaufen und einschenken würde, fiel ihr Blick am Stand auf - "nee, ne" - Robin Laing selbst, der für MoS nicht nur Tasting Notes und Whiskynamen kreiert, sondern auch bei Whiskymessen am Stand Präsenz zeigt. Nach ein paar Augenblicken der Verblüffung, ein paar freundlichen Worten und einem gemeinsamen Foto hatte meine Frau dann den Whisky im Glas.
Dabei handelte es sich wie schon erwähnt um einen Bruichladdich von MoS. Das Fass war das Port Wine Hogshead "MoS 15079". Wo das Fass gelagert wurde, ist mir dabei nicht ganz klar. Die Fassnummer deutet eigentlich auf das MoS-eigene Warehouse in Paderborn. Allerdings steht auf der Flasche "Single Malt Scotch Whisky", das nach aktueller Regelung bedeuten würde, dass auch die Lagerung in Schottland stattgefunden haben muss. Ob das 2015 (Zeitpunkt der Abfüllung, destilliert wurde 2003) noch anders war, weiß ich nicht. In jede der 277 abgefüllten Flaschen sind noch 56,2% Alkohol gekommen. Die rechts abgebildete Flasche #243 habe ich erst später in einer Flaschenteilung "mit Altglas" erstanden. Und damit habe ich auch eigentlich schon verraten, wie der Messedram uns geschmeckt hat ...
Nose: Im ersten Moment ist der Alkohol recht dominant in der Nase, aber dann kommen sofort rote Früchte, ein wenig Tabak und ein paar "muffige" Noten. Wir finden auch kandierten Zucker, es riecht nach Karamell oder Creme Brullee. Später übernehmen dann Portweinnoten das Kommando: dunkel, zähflüssig und klebrig. Wer sich noch mehr Zeit nimmt (und dieselben Assoziationen hat wie wir), der findet zum Schluss noch etwas Sandelholz. (OK, zugegeben, ich habe keine Ahnung, wie Sandelholz genau riecht. Da habe ich mich voll und ganz auf meine Frau verlassen. Aber irgendwas würziges und holziges habe ich auch registriert.)
Taste: Im Mund ist der Alkohol weniger stark als gedacht. Dafür belegt eine schwere Süße die Zunge. Der Mund ist voller Aromen, die an Sherry erinnern, also dunkle Früchte, Rosinen und der berüchtigte Rumtopf. Aber - und das liegt vermutlich daran, dass es eben ein Portfass war - die Aromen sind alle ein bisschen herber und dunkler als bei der klassischen Sherrybombe. Und das ist für meine Zunge sehr angenehm.
Finish: Der Abgang ist lang und warm, reicht bis tief in den Hals. Der ganze Rachenraum scheint voll mit ätherischen Gasen zu sein. Bemerkenswert ist allerdings, dass die geschmacklichen Anteile schneller verschwinden als die eigentliche Präsenz. Zum Schluss ist also nur noch Wärme da, und ein bisschen von der Spannung, die Alkohol auf der Zunge und im Mund erzeugt. Den Genuss der Aromen sollte man bis dahin erledigt haben.
Wertung:
Der "Valentine's Kiss" ist ein ganz hervorragender Whisky, wenn man Portweinnoten mag. Bei mir trifft das zu, deshalb schmeckt er mir ausgezeichnet. Wer die intensive Süße von Sherryabfüllungen mag, dem fehlt vielleicht das letzte Stück zum Glück.
Laut Whiskybase gab es von dem Bruichladdich Renaissance zwei unterschiedliche Abfüllungen. Die zuerst abgefüllte Version war eine Festivalabfüllung 2011. Offensichtlich kam der Whisky so gut an, dass man eine zweite Abfüllung unter diesem Namen auf den Markt gebracht hat. Wir hatten ein Sample dieser zweiten Abfüllung, destilliert am 11.09.2001, abgefüllt am 17.04.2012. Es handelte sich um Ex-Bourbon Casks, und abgefüllt wurden 2500 Flaschen mit 46%.
Nose: Auf dem Papier ähnelt der Renaissance dem kürzlich verkosteten Ancien Regime, aber deutliche Unterschiede machen sich bereits beim ersten Schnuppern bemerkbar. Hier ist der Alkohol sofort und intensiv präsent, während der Ancien Regime sehr zahm erschien. Der Alkohol überdeckt zunächst viele andere Aromen, aber er zieht sich langsam zurück und lässt Süße und Holz frei. Danach und etwas langsamer erscheinen weitere Noten: Vanille, Apfel und Zimt. Bei letzterem waren wir etwas unsicher, aber die Gewürzmischung roch so weihnachtlich, dass man an Zimt eigentlich gar nicht vorbeikommt. Noch später wird der Apfel süßer und wandelt sich zu einem leckeren Apple Crumble - Apfelstreusel ohne den Kuchen drunter.
Taste: Auf der Zunge erscheint der Alkohol deutlich zahmer, aber bei weitem nicht so weich und rund wie im Ancien Regime. Holznoten sind hier erheblich intensiver als in der Nase, wenn auch nicht bis zur Bitterkeit. Im Gegenteil: die Aromen sind vorwiegend süß und fruchtig (erinnern an Fruchtkompott). Im Hals und am Gaumen tauchen noch ein paar Tabaknoten auf. Erstaunlich ist, dass wir im Mund weder Vanille noch Apfel finden - das hatte ich nach der Nase anders erwartet.
Finish: Der Nachgeschmack ist mittellang und spielt sich praktisch nur im Mund ab. Dort aber ist das Finish angenehm warm.
Wertung:
Nach der Erfahrung in der Nase hätte der Renaissance das Zeug zu einem wundervollen Whisky für lange Winterabende gehabt, mit Eis und Schnee vor der Tür und einer gemütlichen Decke dahinter. Ein Weihnachtswhisky eben. Leider hat der Geschmack nicht ganz erfüllt, was die Nase versprochen hatte. Aber in der Summe ist das definitiv kein schlechter Whisky. Den würde ich sofort nochmal nehmen - allerdings würde ich den ganzen Abend daran riechen, bevor er am Ende doch den Weg alles Leckeren ginge ...
Letzten Samstag war es mal wieder so weit. Ein Tasting bei Malt'n'Taste, und was für eins! Das Thema des Abends hieß "Handfilled", und so etwas treibt den Puls bei jedem Whiskyliebhaber in die Höhe. Heißt es doch, dass die Flaschen, die es zu verkosten gab, in der jeweiligen Destillerie von Hand direkt aus dem Fass abgefüllt worden sind. Das ist, noch über die Einzelfassabfüllungen hinaus, der Gipfel dessen, was man sich wünschen kann. Man war nicht nur in der Destillerie zu Besuch, sondern man durfte direkt am Fass selbst aktiv werden und den ausgewählten Tropfen selbst abfüllen.
Dabei machen die Destillerien durchaus Unterschiede. Bei manchen steht das aktuelle Fass direkt im Shop, ist mit einem Hahn versehen, und die Abfüllung ist nur wenig spektakulärer als an einem Waschbecken. Bei anderen Destillerien wird man ins Warehouse geführt, darf das Fass selbst öffnen und entnimmt den Whisky ganz klassisch mit einem Valinch, einer Art überdimensionaler Metallpipette.
Letztlich macht das allerdings kaum einen Unterschied, wenn man wieder zu Hause ist und sich an tolle Touren und leckere Tropfen erinnert. Und auch wenn Michael nicht die Touren mit uns teilen konnte (obwohl er mit Taste-ination auch das gelegentlich tut), hat er mit den unter viel Aufwand - aber ebensoviel Freude - gesammelten Flaschen für das Tasting ein großes Stück seiner persönlichen Schottland-Erinnerungen mit uns geteilt.
Zu den Besonderheiten der Handfilled-Flaschen gehört es, dass sich dazu kaum Tasting Notes finden. Deshalb haben wir im Tasting die Notes komplett selbst erstellt. Was ich hier beschreibe, setzt sich also zusammen aus den Eindrücken aller Teilnehmer.
Zum "Kalibrieren" gab es den Tomatin Legacy (40%), einen Whisky ohne Altersangabe und gar nicht mal schlecht. Mit den weiteren Tropfen des Abends konnte er natürlich nicht mithalten, soviel war von vorneherein klar, aber für sich genommen ist das ein gefälliger Whisky mit typischen Ex-Bourbon-Noten wie Vanille, Holz und karamelliger Süße. Seinen Zweck hat er jedenfalls erfüllt: unsere Zunge war schnell für die Hauptdarsteller des Abends vorbereitet.
Hazelburn
Den Auftakt machte ein Hazelburn aus der Destillerie Springbank in Campbeltown. Eigentlich ist Hazelburn selbst der Name einer Destillerie (ebenfalls in Campbeltown), aber die gibt es schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Springbank hat mit seinem dreifach destillierten und aus ungetorftem Malz hergestellten Whisky jedoch einen der vielen Namen aus der großartigen Vergangenheit dieser Stadt wiederbelebt.
Unter dem Label "The Tasting Room" verkauft Cadenheads, ältester unabhängiger Abfüller, ebenfalls in Campbeltown beheimatet und mit Springbank durch eine gemeinsame Mutterfirma verbandelt, Abfüllungen von Hazelburn, Springbank, Longrow (getorfter Whisky, ebenfalls von Springbank, ebenfalls nach einer historischen Destillerie benannt) und Kilkerran (aus der benachbarten Glengyle-Destillerie und ebenfalls zum Gesamtunternehmen gehörig) aus immer wieder nachgefüllten Fässern, bei denen auch nie genau bekannt ist, aus welchen Ursprungsfässern sich der Inhalt zusammensetzt.
Viel Spielraum also, um zu raten und zu spekulieren. Bekannt ist immerhin das Abfülldatum (26.09.2015) und die Alkoholstärke (51,5%). Und bei Ansicht der Farbe fällt es auch nicht schwer, auf die Beteiligung von Sherryfässern zu schließen.
Nose: Der erste Eindruck ist der von Knetgummi. Glücklicherweise lässt das schnell nach. Dahinter wird es süß und fruchtig, es riecht nach dunklen Früchten. Wir sind uns sicher, dass da ein Sherryfass dabei war, wenn auch nicht ausschließlich. Und für ein PX-Fass sind die Aromen irgendwie nicht süß genug, es dürfte ein trockenerer Sherry gewesen sein. Dunkle Schokolade ist noch da, modrige Erde, trockene Dörrfrüchte, ein paar leichte Röstaromen und ein bisschen Walnuss.
Taste: Auf der Zunge zeigt sich gleich zu Anfang, dass es sich tatsächlich nicht ausschließlich um Sherryfässer gehandelt haben kann. Deutlich ist das Holz zu schmecken, und der Whisky zieht viel Speichel. Dazu Noten von Leder (nasses Leder vielleicht, jemand hatte die Assoziation von einem Lederbeutel mit Wasser). Und natürlich Alkohol. Eigentlich ist der Whisky ja gar nicht sooo stark, aber die reine Stärke ist ja nicht immer das Maß für den Eindruck auf der Zunge. Dann finden wir noch gebrannte Mandeln, wieder Schokolade und nussige Aromen, diesmal aber keine spezifische Nusssorte. Was den Zusatz von Wasser angeht, waren die Ansichten gespalten, von "grandios" bis "geht so". Ich war eher bei der letzteren Fraktion.
Finish: Das Finish war lang, spielte sich aber nur im Mundraum ab. Tiefer habe ich nichts gespürt.
Wertung:
Sehr guter Whisky zum Einstieg, mit einer Vielzahl von Aromen und einer klaren Unterscheidbarkeit zwischen verschiedenen Fasstypen.
Benromach gehört zu den Destillerien, die bisher immer so ein bisschen an mir vorbei gegangen sind. Wenn es schon um die Speyside ging (die sowieso nicht mein erstes Jagdrevier ist), dann hatten bisher immer andere Whiskys Vorrang. Aberlour, Glenfarclas, Balvenie, Glenrothes ... immer drängelte sich wer vor in meiner Aufmerksamkeit. Diesmal aber gab es im Tasting einen Benromach, und da gehts schön der Reihe nach, also hatte er unsere ganze Aufmerksamkeit. Bei Benromach laufen die Handabfüllungen unter dem Label "The Distillery Cask". Dieses hier war das Sherry Cask #12079301, destilliert am 29.04.2002, abgefüllt am 21.03.2014. Nach diesen elf Jahren kamen immerhin noch 57,9% Alkohol in die Flasche.
Nose: Der erste Eindruck ist der von frischer Gerste und - untypisch für die Speyside - ein wenig rauchig. Und zwar finden wir kalten Rauch, wie ich ihn sonst am ehesten von Caol Ila kenne, allerdings längst nicht so stark, sondern nur ganz leicht. Holz ist da, Süße (weniger als beim Hazelburn zuvor), Vollmilchschokolade und Alkohol. Erstaunlich: auch der Alkohol ist in der Nase weniger stark als beim Hazelburn, dabei hat er auf dem Papier deutlich mehr davon.
Taste: Zuerst schmeckt der Benromach süß und fruchtig. Die Süße verstärkt sich zunächst noch, bevor der Alkohol die Oberhand gewinnt. Er ist halt doch ganz schön stark ... Dann kommen (im Rachen, ganz hinten) Noten von Tabak. Holz finden wir kaum, bzw. wir sind uns nicht einig, ob überhaupt welches da ist. Mit ein paar Tropfen Wasser, die bei der Alkoholstärke durchaus einen Versuch wert sind, wird der Whisky besser, noch süßer, er öffnet sich sehr schön im Mundraum. Dazu kommen jetzt Pfeffer und eine frische Säure dazu, Orange, Wacholder und Gerste, wie zu Anfang in der Nase.
Finish: Das Finish spielt sich vollständig im Mund ab, tiefer geht da nichts. Das macht aber richtig Spaß, denn so hat man noch länger etwas von den Aromen.
Wertung:
Offensichtlich sind die Benromachs, die ich bisher immer verpasst habe, einfach zu scheu gewesen, um sich (für mich) ins richtige Licht zu stellen. Der hier war eine tolle Erfahrung, und in meinem Notizbuch steht jetzt ein Sternchen hinter Benromach: "dringend mehr von ausprobieren".
Deanston ist eine Destillerie, die in der Vergangenheit eher unscheinbar war. Gegründet 1965 in den Gebäuden einer ehemaligen Baumwollmühle, Spinnerei und Weberei, wurde Deanston lange Zeit wenig beachtet. Erst in den letzten Jahren trat die Destillerie, die nur 10 Kilometer von Stirling entfernt ist und mit Zug und Bus bequem von Glasgow oder Edinburgh aus erreicht werden kann, mehr ins Rampenlicht. Als wir im Mai 2017 dort waren, fanden wir eine interessante Produktionsumgebung, ein beeindruckendes Warehouse, ein hübsches Cafe und einen liebevoll eingerichteten und gut ausgestatteten Shop vor.
4.2017 abgefüllt hatte. Mit 59,7% war das bisher der stärkste Whisky des Abends (was er um ein Haar auch geblieben wäre.)
Nose: Holz ist das erste, was wir riechen. Eigentlich ungewöhnlich aus einem Rotweinfass, und sehr lange hat der Whisky ja auch noch nicht darin verbracht. Trotzdem ist die Note eindeutig. Dann kommen Veilchen und Gummibärchen (na, jedenfalls so eine Idee davon), bevor der erwartete Rotweinduft auftritt. Ein tiefer, schwerer Rotwein scheint das gewesen zu sein. Und Johannisbeere, eine klassisches Rotweinnote, die es bis in den Whisky geschafft hat. Überhaupt riecht der Deanston schön fruchtig.
Taste: Auf der Zunge erweist sich der Deanston zunächst als recht herb und trocken. Die Noten aus der Nase sind noch da, aber eben alles mit einer angenehm trockenen Unternote. Wenn das auf den Einfluss des Rotweins zurückzuführen ist, dann war das wohl ein sehr guter Vertreter seiner Art. Danach setzt sich dann doch langsam eine gewisse Süße durch. Und mit ein paar Tropfen Wasser wird er nochmal erheblich besser.
Finish: DasFinish ist lang und reiht bis tief in die Brust hinunter.
Wertung:
Das war ein exzellenter Whisky. Davon hätte ich gerne mehr, was bei handbefüllten Flaschen leider ein Wunsch bleiben wird.
Auch Glengoyne liegt in der Nähe von Glasgow und ist von dort aus mit dem Bus leicht zu erreichen. Eine Besonderheit dieser Destillerie ist es, dass sie selbst zwar in den Highlands liegt, ihre Warehouses - gerade mal auf der anderen Straßenseite - aber in den Lowlands. Die Straße bildet hier tatsächlich die Grenze zwischen den Regionen. Für die Destillerie ist diese Verteilung finanziell lukrativ, denn die Highlands werden als strukturschwache Region steuerlich gefördert. Ob diese Regelung zum Bauzeitpunkt der Destillerie (Eröffnung war 1833) schon bestand und den Bau beeinflusst hat, weiß ich allerdings nicht.
Glengoyne hält regelmäßig ein Fass im Shop vor, aus dem Kunden sich eine eigene Flasche abfüllen können. Am 07.04.2017 wurde die Flasche des Tastings abgefüllt, aus dem Ex-Bourbon Barrel #3564, das am 01.12.2004 destilliert wurde. Nach den 12 Jahren waren hier immerhin noch 58,1% Alkohol im Spiel.
Nose: Es ist nicht verwunderlich, dass man bei einem Whisky aus einem Ex-Bourbon-Fass deutliche Holz- und Vanillenoten findet. Letztere sind sehr intensiv, geradezu "dick", als habe man eine Schote im Glas. Der Whisky macht - wenn ich mich richtig erinnere - einen typischen "Glengoyne-Eindruck". Alkohol ist nur wenig zu bemerken. Dafür finden wir noch Noten von Toffee, Fudge und Popcorn.
Taste: Den Alkohol hat sich der Glengoyne für den Mund aufgehoben. War davon in der Nase wenig zu bemerken, ist der Whisky jetzt spürbar scharf. Als sich der Alkohol verzieht, kommen Holz, Vanille und Pfeffer zum Vorschein, der Gesamteindruck ist herb und trocken (es gab allerdings auch andere Meinungen: einige Tastingteilnehmer fanden ihn süß). Aber schön warm (und wärmend) kam er daher. Ein paar Tropfen Wasser machen ihn weicher und süßer. Aber am Ende wird er doch wieder trocken.
Finish: Der Nachgeschmack ist warm und lang und reicht durchaus tief bis in die Kehle hinunter.
Wertung:
Auch wenn ich kein ausgemachter Freund von reinen Ex-Bourbon-Fass-Whiskies bin: dieser hier hat absolut seine guten Seiten.
Eine weitere Destillerie, die in der Nähe von Glasgow liegt. Diesmal tatsächlich in den Lowlands und so nahe an der Stadt, dass sie noch im Bereich der Stadtbusse liegt. An der Great Western Road gelegen, die aus Glasgow in Richtung Loch Lomond und Westküste führt, zeigt sie sich den Besuchern schon von Weitem mit ihren großen weißen Gebäuden hinter großzügigen Rasenflächen.
Das jeweilige Fass für die Handabfüllungen steht bei Auchentoshan in einem abgetrennten Raum innerhalb des Warehouses. Wer abfüllen möchte, wird zwischen Fassreihen zum Fass geführt. Die Abfüllung darf man mit einem klassischen Valinch vornehmen.
Das "Fass des Abends" war das Pedro Ximénez Sherry Butt #135, destilliert am 24.02.2005. Die Flasche wurde am 05.04.2017 mit 59,8% Alkohol befüllt. Für die anderen - hoffentlich leckeren - Komponenten blieben also "nur" knapp 40% übrig.
Colour:D1 - Pariser Rot (sogar etwas dunkler, aber ohne den Braunton, der in der Farbkarte folgt)
Nose: In der Nase tut er dem informierten Probierenden den Gefallen, das klassische "Sherry-Bild" zu produzieren: Rosinen, Sherry, dunkle Früchte, Süße, Rumtopf. Das einzige, was nicht so recht ins Bild der Erwartungen passt, ist die Tatsache, dass wir erneut kaum Alkohol registrieren. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass die vier vorigen Whiskys - allesamt keine Leichtgewichte - auch schon ihre Wirkung hinterlassen haben ...
Taste: Auf der Zunge scheint sich der Eindruck bezüglich des Alkohols zu bestätigen, der Auchentoshen ist weich und sanft ... oh, wait! Im zweiten Moment kommt er ganz gewaltig. Da muss man dann schon den dritten Moment abwarten, bevor wieder die Sherrynoten durchkommen: Süße, intensive dunkle Früchte, Rosinen, Rumtopf. Alles da, was man erwartet. Und mit ein paar Tropfen Wasser wird er nochmal deutlich süßer.
Finish: Das Finish ist lang und heiß, der Whisky ist noch lange präsent - auf der Zunge und im Mundraum. Viel tiefer kommt er nicht. Aber bei so viel Geschmack ist es ja auch ganz nett, wenn der Whisky da bleibt, wo die Geschmacksknospen sind.
Wertung:
Starker und ganz klassischer Sherry-Whisky. Lecker!
Den Abschluss des Abends machte eine Destillerie, die in den letzten Jahren deutlich an Qualität zugelegt hat, was nicht zuletzt durch eine Reduzierung der Ausstoßmenge erreicht wurde. Die ersten Früchte dieser Qualitätsoffensive haben sich mittlerweile in Form der Standardrange im Markt etabliert, und auch die Einzelfässer sind ... tja, wie denn? Am besten, wir probieren mal aus einem.
Das Distillery Exclusive Single Cask war ein Oloroso-Fass (#5218), das am 11.11.2005 destilliert wurde. Elf Jahre später, am 03.06.2017, kam Michael bei Tomatin vorbei und nahm die Flasche mit, die mit 57,1% Alkohol auf den Tastingtisch kam.
Colour:D1 - Pariser Rot (sogar noch ein Stück dunkler, aber ohne den Braunton, der in der Farbkarte folgt)
Nose: Ja ist denn scho Weihnachten? An diesen Werbespruch kann man denken, wenn man seine Nase in diesen Whisky steckt. Vanille, Orange, Nüsse und allerlei andere weihnachtliche Aromen drängen in die Nase. Dazu Holz, etwas Gummi (oder habe ich hier von Tobermory geträumt???) und Trockenobst. Irgendwie hat der Whisky viele Sherrynoten, er riecht fast wie ein Sherry, nur nicht so süß.
Taste: Und im Munde geht es weiter mit den vorweihnachtlichen Gefühlen. Der Tomatin schmeckt ausgesprochen intensiv, nach in Alkohol aufgelösten Rosinen (naja, ein bisschen übertreibe ich jetzt schon), herb, fruchtig, würzig - und eben weihnachtlich.
Finish: Das Finish ist lang und tief, wenn auch nicht sehr warm.
Wertung:
Das war dann definitiv der Star des Abends. Sehr lecker! Ein würdiger Abschluss.
Am Ende war es wieder mal ein gelungener Abend. Viel Information, nette Gäste, ein gut gelaunter Gastgeber, ein leckerer Pausensnack im Gasthaus Zur Linde - und natürlich hervorragende Whiskys. Das ist irgendwie immer gleich, aber an dieser Stelle wiederhole ich mich gerne. Und deshalb kommen wir auch immer gerne wieder.
Der dritte Vertreter in meiner kleinen Ledaig-Trilogie stammt direkt aus der Destillerie. Naja, genaugenommen haben wir die Flasche in der Schwesterdestillerie Deanston gekauft, aber offiziell handelt es sich um eine Distillery Only Abfüllung aus Tobermory. Nach elf Jahren in einer Port Pipe wurden 2017 726 Flaschen mit 58,2% abgefüllt. Zwei davon sind bei mir gelandet.
Nose: Schon die Nase ist ein Gedicht! Viel Rauch (die für Ledaig typische Gumminote fehlt fast völlig) und eine enorme Süße bestimmen den ersten Eindruck. Schön würzig riecht er. Dazu finden wir Rumtopf, dunkle Früchte, Johannisbeere, und wieder diese schwere Süße. Dann erscheinen aber auch frische Noten, ein bisschen säuerlich, das erinnert an Stachelbeeren. Diese scheinbar gegensätzlichen Aromen (schwer und süß vs. frisch und säuerlich) vertragen sich aber sehr gut miteinander, trotz der Wucht der Aromen wirkt alles sehr ausgewogen.
Taste: Wie bei der Stärke nicht anders zu erwarten, schlägt auf der Zunge erstmal der Alkohol zu. Der brennt ein wenig, lässt dann aber relativ schnell nach und macht Platz für Rauch, frische Fruchtigkeit, säuerliche Pflaumen, dezente Süße und die für Tobermory typische Würzigkeit. Der Whisky ist im wahrsten Sinne des Wortes vollmundig: er füllt den Mundraum mit seinen Aromen völlig aus und erzeugt ein wohliges Gefühl. Wegen der hohen Alkoholstärke habe ich dann noch ein wenig mit Wasser experimentiert, aber das tut ihm nicht gut: die Süße wird unterdrückt, der Rauch wird präsenter, und die Balance gerät ein wenig ins Wanken. Besser pur!
Finish: Der Abgang ist warm, lang und zieht sich bis tief bis in den Rachen hinunter.
Wertung:
Das war wirklich ein Kracher! Einen der ersten Whiskys, die ich hier beschrieben habe, habe ich mit fünf Sternen bewertet, und seitdem ist kein anderer Tropfen da herangekommen - bis jetzt! Erneut ist es ein Ledaig, der die Höchstnote von mir bekommt. Vielleicht bin ich ja nicht ganz unvoreingenommen, wenn es um Tobermory geht, aber wenn diese Voreingenommenheit solche Genüsse erzeugen kann, dann soll es mir nur Recht sein.