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BenRiach Limited Edition 2005 - 2016

BenRiach Limited Edition 2005 - 2016

Bei meinem Lieblings-Whiskyhändler steht an der Kasse immer eine Schachtel mit allerlei Samples: Reste aus Tastings, offenen Probierflaschen und ähnlichem. Daraus hatte ich mir kürzlich einen BenRiach Limited Edition 2005 - 2016 mitgenommen, und der war nun im Glas gelandet. Mit einer Fassstärke von 58,7% nach immerhin 10 Jahren im Port Hogshead No. 6708 versprach das ein leckerer Tropfen zu werden. Abgefüllt von der Destillerie für Anam na h-Alba wurden insgesamt 283 Flaschen, mein Sample stammte aus Flasche No. 40.

Colour: M8 - Kupfer

Nose: Ganz schön "bissig", der erste Eindruck. Das ist ja auch bei fast 60% kein Wunder. Dazu ist die Nase voll von dunkler, schwerer Süße, herben Früchten und einer Art Trockenheit. Holzgeruch ist auch da, aber nicht das klassische Ex-Bourbon-Holz, sondern ein schweres Holz, das vor Portwein (oder Rotwein?) trieft. Jedenfalls erinnern die Noten an Rotwein. Dann ist da noch etwas leicht wachsiges, und blumige Noten. Auch hier: nicht leicht und frisch, sondern schwer, intensiv und ein bisschen angestaubt. Wer mal in der Altstadt von Palma de Mallorca die Bar Abaco besucht hat, der weiß, was ich meine. (Sehr) viel später nimmt der Whisky mehr und mehr Bourbon-Züge an: süß, holzig, (zitrus-)fruchtig. Das, was ihn am Anfang so sehr dominiert hat, verzieht sich zunehmend.

Taste: Auch auf der Zunge ist der Antritt scharf und fruchtig, dazu sehr süß. Der BenRiach belegt den ganzen Mund, ist wie schon in der Nase leicht trocken, er wringt die Zunge geradezu aus! Hinten raus wird er herb, holzig, noch trockener, erinnert an Bourbon. Und mit ein paar Tropfen Wasser wird er noch süßer, der Alkohol geht anfänglich zurück, kommt dann aber wieder. Insgesamt wird der Whisky mit Wasser aber kräftiger (was die Geschmacksnoten angeht, nicht den Alkohol).

Finish: Das Finish ist trichterförmig. Ich weiß nicht, wie ich das anders nennen soll: stark und präsent im Mundraum, weiter unten bleibt nur ein dünnes Rinnsal, aber das geht tief. Alle am Abgang ist angenehm warm.

Wertung:

Das ist ein Whisky, der mir gefällt! Fruchtiges Portfinish, intensive (aber fruchtige, nicht zuckrige) Süße, im Lauf der Zeit wechselnde Eindrücke, viele Ecken und Kanten. Die vier Sterne hat er sich redlich verdient. Netter Randeffekt: irgendwie kamen mir die Daten im Laufe des Abends dann doch irgendwie bekannt vor. Ein kurzer Blick in den eigenen Bestand bestätigte den Verdacht: von genau diesem Whisky steht sowieso noch eine Flasche im eigenen Regal. Und auf der Whisky-Spring in Schwetzingen konnte ich sogar noch eine ergattern. Das sind gute Genussaussichten ...

Der Whisky in der Whiskybase: 89211

Zur Destillerie gehts hier: BenRiach

DeCavo Single Malt

DeCavo Single Malt

Blind Samples sind immer wieder spannend. Wenn man sich darauf einlässt, einen Whisky zu testen und zu bewerten, über den man erstmal gar nichts weiß, dann ist man besonders aufmerksam, denkt dreimal über sein Urteil nach und zweifelt auch die eigenen Bewertungen immer wieder an. Trotzdem liegt man in der Regel weit daneben. Jedenfalls, wenn "man" ich ist.

So auch diesmal. Ein Freund hatte mich gebeten, diesen Whisky einmal blind zu probieren, und ich war zu dem Schluss gekommen, dass es sich um einen ganz klassischen (schottischen) Whisky aus einem Ex-Bourbon-Barrel handelte. Nicht besonders alt, aber immerhin so, dass das Fass ein paar typischen Spuren hinterlassen hatte.

Ich war nicht wirklich überrascht, dass ich daneben gelegen hatte, aber was ich dann letzten Endes getrunken hatte, das fand ich dann doch bemerkenswert.

Es handelte sich um einen deutschen Whisky, den DeCavo Single Malt aus der Märkischen Spezialitäten Brennerei. Der Name, zu deutsch "aus der Höhle", leitet sich wohl vom Lagerort der Fässer ab, wie auch der Untertitel "Handcrafted Höhlenwhisky". Viel mehr weiß ich nicht über den Whisky, außer dass es sich um einen Single Malt ohne Altersangabe handelt, der mit 47,3% abgefüllt wurde.

Ach ja, laut der Shop-Webseite hat Jim Murray, Autor der bekannten, jährlich erscheinenden Whisky-Bibel, tatkräftig bei dem Projekt geholfen und den Whisky auch sehr gut bewertet.

Ich habe von dem ursprünglichen Abend ein Sample mitgenommen, und so kann ich hier über ein zweites Tasting in ruhigerer Umgebung (das erste war bei einem Whiskyabend in größerer Runde) berichten, bei dem ich natürlich Papier und Stift zur Hand hatte ...

Colour: C3 - Stroh

Nose: Das erste, was auffällt, sind Früchte und eine herbe Bonbonsüße, die an eine Haribo-Mischung mit Lakritz erinnert. Dann gar nicht mal so wenig Alkohol, Karamell, helle Früchte (vielleicht trockene Aprikose oder Ananas) und irgend etwas, das an eine Wäscherei mit Dampf und frischer Wäsche erinnert. Ganz zum Schluss finden wir noch einen Schuss leichter Säure, die im Gesamtbild eher negativ auffällt.

Taste: Im Mund ist der Alkohol präsenter, vor allem am Gaumen, dazu eine mäßige Schärfe (Pfeffer?) eine leichte Bitterkeit und Holzigkeit, eine (ebenfalls mäßige) Süße, einen Hauch Karamell und eine Ahnung von Popcorn. Keine Früchte, die sind in der Nase geblieben. Insgesamt hält der DeCavo am Gaumen nicht ganz, was die Nase verspricht.

Finish: Der Abgang ist mittellang und warm, spielt sich vorwiegend im Mund ab. Nach mehreren Schlucken dringt die Wärme dann ein Stückchen tiefer in den Schlund vor.

Wertung:

Unter den deutschen Whiskys ist der DeCavo derjenige, der am nächsten an einen klassischen Ex-Bourbon Malt herankommt. Und das, obwohl ein paar typische Noten wie Holz oder Vanille nur wenig vertreten sind. Der erste Eindruck aus dem blind probierten Dram hat sich damit durchaus bestätigt. Der DeCavo ist ein durchaus angenehmer Whisky. Für das Regal taugt er bei mir dennoch nur bedingt, aber das hat eher mit der Größe meines Regals zu tun. Und dass die schottischen Whiskys die Latte ganz schön hoch hängen. Aber der DeCavo hat definitiv Potenzial. Vielleicht tut ihm eine längere Lagerung gut. Dieser hier hat keine Altersangabe, ist also vermutlich höchstens fünf Jahre alt. Ich würde ihn gerne mal im Alter von 10 oder 12 Jahren probieren. Und wer weiß - vielleicht würde ich ihm dann ein Plätzchen im Regal freiräumen ...

In der Whiskybase habe ich den Whisky nicht gefunden. Dieser hier scheint der "große Bruder" (mit höherer Alkoholstärke) zu sein.

Zur Destillerie (bzw. ihrem Shop) gehts hier: Märkische Spezialitäten Brennerei

Whiskywichteln 2017

Whisky

Die Facebook-Gruppe der Frankfurter Whisky-Enthusiasten hat sich mittlerweile zu einem weiteren Anlaufpunkt für uns entwickelt. Wir wohnen zwar ein bisschen weiter draussen im Umland, so dass wir nicht jede Veranstaltung mitnehmen können (die Taxipreise sind nämlich ebenso hochprozentig wie die Getränke), aber diesmal waren wir beim Stammtisch. Und weil das der letzte vor Weihnachten war, wurde gewichtelt: jeder, der teilnehmen wollte, hatte ein Sample, nur mit seinem Namen beschriftet, mitgebracht, und ebenso durfte sich jeder eines dieser Samples aus dem Lostopf ziehen. Auf meinem Sample stand "Jan", und da wir schon öfters einen ähnlichen bis gleichen Whiskygeschmack bei uns gefunden hatten, freute ich mich auf einen leckeren Dram.

Colour: Der Whisky war relativ hell, aber nicht so hell, dass man auf ein klassisches Ex-Bourbon-Fass hätte schließen können. Entweder hat der Whisky sehr lange in einem Bourbon-Fass gelegen oder er ist vor der Abfüllung nochmal umgezogen. Das sollte man ja herausfinden können ...

Nose: Hier zeigt sich schnell, dass da mehr als Ex-Bourbon am Werk war. Die erste Nase ist sehr würzig. Relativ wenig Holz, dafür dunkle Früchte (Brombeeren?). Der Alkohol kommt langsam durch. Am Anfang habe ich gar nichts gemerkt (der Traum vom alkoholfreien Whisky lebt ...), aber so langsam bemerkt man ihn durchaus. Insgesamt lässt sich der Whisky aber ein wenig bitten, ich finde nur relativ wenige Aromen in der Nase.

Taste: Der Whisky schmeckt zunächst mal deutlich süß, aber er hat eine leicht säuerliche Note dahinter. Außerdem bizzelt er an der Zungenspitze - und nur dort. Jetzt bekommt die Süße Aroma, deutlich karamellig, vielleicht auch ein bisschen würzig. Früchte finde ich jetzt kaum noch, wenn dann als Kompott.

Finish: Der Abgang ist durchaus stark, geht aber kaum tief. Dafür halten sich die Aromen noch ein Weilchen am Gaumen, was mir definitiv gefällt.

Wertung:

Tja, was ist das für ein Whisky? Ich würde auf ein Alter von etwa zehn Jahren tippen, vielleicht etwas mehr. Es dürfte sich um ein Finish handeln, jedoch kein sehr intensives. Mein Tipp wäre ein trockener Sherry, vielleicht ein Fino (das kenne ich von der Oban Distillers Edition, das würde schon in etwa hinkommen, wenn meine Erinnerung mich nicht trügt). Und woher? Für einen Speysider ist er mir ein wenig zu kantig, aber nicht viel. Ich vermute die Highlands als Herkunft.

Wie immer hat es großen Spaß gemacht, im Dunklen zu tappen. Mal schauen, wie nahe ich dem Lichtschalter gekommen bin. Vielen Dank, Jan, für ein spannendes Rätsel!


Die Auflösung

Daneben getippt, wie immer!

Aber vielleicht doch nicht sooo weit daneben. Ich hatte einen BenRiach von Ian MacLeod (aus der Chieftains-Serie) im Glas, 16 Jahre alt, 46% und mit einem Aloxe Corton Wine Finish.

Also ein Speysider, was ich ja eigentlich ausgeschlossen hatte. Mit 16 Jahren ist er auch älter, als ich angenommen hatte. Mehr als 12 Jahre hätte ich ihm nicht gegeben. Also zwei Fahrkarten bei Region und Alter geschossen. Aber immerhin lag ich mit meiner Vermutung richtig, dass es sich um ein Finish gehandelt hat. OK, kein trockener Sherry, aber mit Wein immerhin ein Finish, das nicht unbedingt extrem süß ausfallen muss. Beim Alkoholgehalt hatte ich mich nicht festgelegt, aber 46% deckt sich schon so ungefähr mit dem, was ich geschmeckt habe. Klar, kann hinterher jeder behaupten, stimmt aber.

Das Finish musste ich erstmal googeln. Wikipedia hat ausgeholfen: Aloxe-Corton ist ein Weinbaugebiet in Frankreich, etwa auf halber Strecke zwischen Paris und Marseille. Hier werden fast nur Rotweine hergestellt. Ob der Whisky auch in einem Rotweinfass gelegen hat, habe ich nicht herausgefunden. Nach den Noten, die ja auch ein paar dunkle Früchte enthielten, könnte das schon sein. Und auch wenn ich finde, dass die Farbe eher für ein gehaltvolles Weißweinfass spricht, wäre das angesichts der Seltenheit wohle eher ein Zufall. Wahrscheinlicher ist ein vorher schon mindestens einmal verwendetes Rotweinfass.

Fazit: Spaß gehabt, wieder mal etwas dazugelernt und einen leckeren Whisky getrunken. Immer wieder gern!

Der Whisky in der Whiskybase: 71134

Zur Destillerie gehts hier: BenRiach

Tasting: Kilchoman, September 2017

Tasting Kilchoman September 2017

Tasting Time! Im September (ja, ich weiß, ist schon wieder viel zu lange her ...) waren wir wieder mal in der üblichen Besetzung im Gasthaus Zur Linde: Michael, viele Stammgäste (darunter wir), einige Neue (auch das ist eine schöne Konstante der Tastings) und natürlich viele leckere Whiskys. OK, genaugenommen wussten wir das zu Beginn des Tastings natürlich noch nicht, aber da kann man sich auf Michael schon verlassen. Zumal es diesmal um eine sehr interessante Destillerie ging, die uns noch nie enttäuscht hat, weder mit ihren Whiskys noch mit den Erlebnissen vor Ort.

Es geht um Kilchoman, die kleinste und (derzeit noch) jüngste Destillerie auf Islay. Seit 2005 arbeitet man dort mit viel Enthusiasmus und Liebe zum Detail. Eine der Besonderheiten ist, dass bei Kilchoman der gesamte Prozess der Whiskyherstellung an einer Stelle vereint ist, vom Gersteanbau auf der benachbarten und zur Destillerie gehörigen Farm bis zur Flaschenabfüllung und -etikettierung in der ebenfalls hauseigenen Abfüllanlage. Natürlich wird auch allerlei zugekauft (z.B. Malz aus den Maltings in Port Ellen, bei denen man mangels Abnahmemenge kein eigenes Herstellungsprofil bekommt und stattdessen nach den Ardbeg-Spezifikationen einkauft), aber der in Eigenregie hergestellte Whisky reicht immerhin aus, um eine "100% Islay" Abfüllung jedes Jahr anbieten zu können.

Uns ist die Destillerie sehr sympathisch, und die Whiskys von dort haben uns bisher noch nie enttäuscht. Insbesondere der immer gut zu identifizierende Destilleriecharakter hat es uns angetan. Viele Gründe, sich auf sechs Whiskys zu freuen.

Na gut, der erste Whisky des Abends kam nicht aus Kilchoman. Michael spendierte einen "Kalibrierungsdram", um die Zunge an die höheren Alkoholstärken des Abends zu gewöhnen. Um auch die Distanz der Kilchomans zu klassischen Whiskys zu verdeutlichen und einzuordnen, wo in der Whiskywelt wir heute unterwegs sein würden, hatte Michael einen Glen Grant 12yo (43%) ausgewählt, einen klassischen Ex-Bourbon-Fass Whisky: hell, leicht, mit Noten von Holz, Vanille und frischem Apfel.

Danach ging es aber los ...

Kilchoman Summer Release 2010

Gleich der erste Kilchoman des Abends war eine echte Besonderheit. Der Summer Release 2010 war eine der ganz frühen Abfüllungen der Destillerie, der mit drei Jahren gerade mal das Mindestalter hat, um sich Whisky nennen zu dürfen. Der Whisky ist eine Vermählung aus frischen und wiederbefüllten Bourbon Casks und wurde mit 46% abgefüllt. Insgesamt gab es 17000 Flaschen (oder 17500, da waren sich die Quellen nicht ganz einig). Die Flaschenform ist übrigens noch nicht die heute übliche; sie ist deutlich weniger wuchtig als die heutigen Flaschen.

Colour: M2 - Mais

Nose: Wir riechen zuerst mal Salz, Räucherlachs und Rauch. Fast wie am Grill am Distillery Open Day während des Festivals. Sehr schöner Auftakt. Ein wenig Holz und Vanille würde man bei dem Fasstyp ja noch erwarten, aber da ist höchsten ein ganz leichter Anklang. Zumindest die Vanille setzt sich später besser durch, als wir ein paar (sehr wenige!) Tropfen Wasser hinzugefügt haben. Und dann kommen auch Schinken, ein paar Zitrusnoten, und schottische Haggis-Chips (für Kenner: Mackies) dazu.

Taste: Auf der Zunge merkt man dann schon, dass der Whisky sehr jung ist. Salz und Rauch sind auch hier wieder vorhanden, dazu eine gewisse Bitterkeit, Gras und später eine angenehme Honigsüße. Die Wassertropfen, die auf der Nase noch deutliche Änderungen hervorgerufen hatten, haben auf der Zunge keine spürbare Wirkung mehr.

Finish: Im Abgang bleibt der Rauch noch eine ganze Weile erhalten, ansonsten fällt das Finish eher kurz aus.

Wertung:

Gar nicht mal schlecht für einen so jungen Whisky. Wenn ich mich nicht irre (was aber durchaus leicht sein kann, die Eindrücke liegen zeitlich doch weit auseinander), dann war Kilchoman mit seinem Dreijährigen deutlich weiter als zum Beispiel Wolfburn. Mir fehlt dennoch ein bisschen was: Alter oder Akoholstärke oder Finish: irgendwas müsste noch dazukommen, damit er in meinem Regal landen kann.

Der Whisky in der Whiskybase: 17624

Kilchoman Private Cask Release 9.5yo

Der zweite Whisky des Abends markierte das andere Ende des Altersspektrums im Tasting. Mit 9,5 Jahren (also nach korrekter Messung ein Neunjähriger) gehörte der Whisky zum Abfüllungszeitpunkt (destilliert am 07.06.2006, abgefüllt am 14.12.2015) wohl mit zum ältesten, was die Destillerie zu bieten hatte. Hier handelte es sich um ein Einzelfass, das Bourbon Hogshead #90/2006. Abgefüllt wurden 214 Flaschen mit 55,2%, und zwar in einer Privatabfüllung für La Table de Urs Hauri, einen Eventgastronomen und Spirituosenhändler aus Bern.

Colour: M2 - Mais

Nose: In die Nase dringen viele fruchtige und weiche Noten. Welche Früchte genau finden wir allerdings nicht heraus. Dann gesellt sich der Rauch dazu, eher dezent, nicht ganz Kilchoman-typisch. Und Schokolade ... oder Nougat ... oder ... hmm .. wir einigen uns auf die Füllung eines MilkyWay-Riegels: schokoladig, schmelzend und immer noch schön weich.

Taste: Auf der Zunge kommt erstmal ... gar nichts? Nur einen Momentt lang bleibt das Fragezeichen im Gesicht, dann ist der Rauch da. Diesmal etwas kräftiger als auf der Zunge. Und dann, wieder einen Moment später, ist der Mund plötzlich übervoll mit Grillaromen: immer noch Rauch, dazu Salz und gegrilltes Fleisch (das mit dem intensiver gewordenen Rauch fast ein wenig angebrannt schmeckt). Von der Fruchtigkeit in der Nase ist nichts übrig, jetzt haben wir ein Barbequeue vor uns. Lecker!

Finish: Das Finish ist lang und warm, wie ein Holzkohlegrill an einem Sommerabend, der nach dem Grillen noch stundenlang nachglüht und angenehme Wärme abgibt, wenn die Abendluft langsam kühler wird. OK, das Finish hat natürlich nicht Stunden gedauert, aber das Gefühl des langen und langsamen Verklingens war sehr schön da. Geradezu gemütlich.

Wertung:

Das war schon ein ganz anderes Kaliber als der Auftaktwhisky. Herr Hauri hat offensichtlich ein gutes Händchen bei der Fassauswahl. Das sollte ich mir merken, nur für den Fall, dass es mich mal nach Bern verschlägt.

Der Whisky in der Whiskybase: 77439

Kilchoman Machir Bay 2014

Jetzt war wieder eine Standardabfüllung an der Reihe. Wobei dieser Begriff bei Kilchoman nicht immer so ganz zutrifft. Im Gegensatz zu anderen Destillerien und Marken (insbesondere den richtig großen im Markt), bei denen die Standardabfüllugnen gezielt darauf getrimmt sind, über die Batches hinweg möglichst identisch zu schmecken (und auszusehen), sind die Standardabfüllungen bei Kilchoman mit der Jahreszahl der Veröffentlichung versehen. Unterschiede über die Batches und Jahre hinweg werden akzeptiert und sind für Kenner gerade ein besonders interessanter Vergleichspunkt.

Hier gab es einen Machir Bay aus 2014. Ein Alter wird nicht angegeben, aus den üblichen "gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen" hört man Altersangaben im Bereich von fünf oder sechs Jahren. Der Machir Bay wird in 1st fill Bourbon Casks gelagert und erhält ein (sehr kurzes: nur vier Wochen!) Finish in Oloroso Sherry Butts. Abgefüllt wird er mit 46%.

Colour: M4 - Bernstein

Nose: In der Nase finden wir Früchte, Zitronengras, Karamell, ganz wenig Vanille und erneut nur leichten Rauch. Da überwiegt ganz deutlich der Einfluss des Bourbon-Fasses, und im Kopf bildet sich ein leichtes Vorurteil: "Na, bei einem sooo kurzen Finish kann ja nichts hängen bleiben." Mal sehen, ob sich das auf der Zunge erhärtet.

Taste: Auch hier nur wenig Rauch. Vielleicht hatte ich in letzter Zeit zu viele Einzelfässer oder fassstarke Abfüllungen aus Kilchoman im Glas, die meine Erwartung trüben? Ich hätte bei Kilchoman eigentlich mehr Rauch erwartet. Schlecht tut ihm das aber nicht. Trotz eines sehr kräftigen Eindrucks wirkt er runder als der vorherige Whisky. Am Gaumen ist er richtig fruchtig und ein bisschen süß, eher dunkle und schwere Früchte.

Finish: Der Abgang ist mittellang und nicht sonderlich warm. Er spielt sich im Wesentlichen am Gaumen ab, also genau dort, wo auch der letzte Eindruck aus dem Mundraum hängen geblieben ist.

Wertung:

Das Vorurteil nach der Begutachtung in der Nase hat sich nicht bestätigt. Im Mund legt der Machir Bay deutlich in Richtung Sherrynoten nach, gerade die fruchtigen Noten am Gaumen. Aber eben nur genau soviel, dass eine bemerkenswerte Balance zwischen beiden Fasstypen erreicht wird. Hätte man das Finish im Sherry Butt verlängert, dann wäre es ein Sherry-Whisky geworden. Vermutlich auch nicht schlecht, aber so haben wir die deutlich seltenere Spielart einer hervorragenden Balance. Der Machir Bay steht definitiv auf meiner Merkliste.

Der Whisky in der Whiskybase: 54542

Kilchoman Single Cask Release PX Cask Finish bottled for Whisky.fr

Auch La Maison du Whisky, erst vor Kurzem als Opfer eines spektakulären Einbruchs in der Presse, hat sich eine (firmen)eigene Abfüllung aus Kilchoman gegönnt. In diesem Fall waren das 262 Flaschen, die mit 55,1% abgefüllt wurden. Ursprünglich hat der Whisky für fünf Jahre in einem Fresh Bourbon Cask (#575/2008) gelegen, danach hat er ein Finish in einem PX Sherry Cask bekommen. Destilliert wurde er am 6.11.2008, abgefüllt am 28.04.2014.

Colour: M7 - Safran

Nose: Diesmal finden wir den Sherry deutlich in der Nase. Dazu Pflaumen und Rosinen aus dem Sherryfass, Karamell aus dem Bourbon-Fass und Salz - tja, woher auch immer. Vielleicht aus dem Destillat. Rauch ist natürlich auch vorhanden, aber wiederum weniger als erwartet.

Taste: Und auch auf der Zunge ist der Sherry deutlich vorhanden, dazu wieder die typischen Noten rund um das Sherryfass: Süße, dunkle Früchte, Rosinen. Viel Alkohol, viel Rauch. Der Whisky hat ganz leichte Bitternoten, und auch Karamell und Walnussnoten schmecken wir. Mit ein paar Tropfen Wasser wird er schließlich sehr süß.

Finish: Der Abgang ist lang und angenehm warm.

Wertung:

So mag ich Kilchoman!

In der Whiskybase habe ich den Whisky nicht gefunden.

Kilchoman Loch Gorm 5th Edition

Als nächstes war nun wieder eine Standardabfüllung an der Reihe. Wobei "Standard" bei Kilchoman ja so eine Sache ist. Auch den Loch Gorm, benannt nach dem in der Nähe der Destillerie liegenden größten See auf Islay, gibt es in Jahresbatches. Hier hatten wir die Ausgabe von 2017, die 2009 destilliert und in Oloroso Sherry Butts gelagert wurde. Abgefüllt mit 46% wurden 13500 Flaschen.

Colour: M8 - Kupfer

Nose: Verglichen mit den vorherigen Whiskys des Abends wirkt der Loch Gorm ein wenig kantig in der Nase. Ich weiß nicht recht, wie ich das anders ausdrücken soll. Mit seinem Rauch und der bissigen Schärfe ist er sehr präsent. Aber auch die Frische der Aromen, z.B. die leichte Orangennote, trägt dazu bei. Und natürlich hat er viel Sherry.

Taste: Im Mund ... oh, da ist er überall! Er füllt den Mund vollständig aus, überall spürt man ihn. Dabei ist das nicht der Alkohol, wie mir scheint, den den finde ich erst ganz hinten und tief im Hals. Vorne ist er ganz schön süß, mit nur wenig Rauch. Und einem kleinen Schuss Bitterkeit und deutlich herben Fruchtaromen.

Finish: Der Abgang ist nicht besonders lang. Besonders kurz aber auch nicht. Eindeutig "mittel".

Wertung:

Der Loch Gorm hat viele Freunde. Und ich finde: absolut zu Recht. Hier zeigt sich, wie gut eine Destillerie arbeiten kann. Der einzigartige Destilleriecharakter ist klar vorhanden, Sherrynoten und Rauch sind präsent, aber nicht übertrieben, und alle Elemente sind exzellent aufeinander abgestimmt.

Der Whisky in der Whiskybase: 94342

Kilchoman Single Cask Release "The German Tasting Tour 2010"

Allgemein eher untypisch, aber bei Michael auch nicht ganz unerwartet, schließt das Tasting mit dem jüngsten Whisky ab. Na ja, fast, denn der erste Whisky des Abends war ja auch nur drei Jahre alt. Im Gegensatz zum Eröffner hat der Beschließer aber seine drei Jahre (22.11.2006 - 16.08.2010, um genau zu sein) in einem Fresh Sherry Butt (#332/06) verbracht und wurde in Fassstärke (61%) als Einzelfass abgefüllt, aus Anlass der "German Tasting Tour 2010".

Wer Michaels Rat, sich von allen Whiskys ein wenig aufzuheben, gefolgt ist, der hatte jetzt die Gelegenheit, zwei gleich alte, aber sehr unterschiedliche Whiskys zu vergleichen. Ich gestehe: mein "erstes" Glas war zu diesem Zeitpunkt schon leer ...

Colour: M5 - Senf

Nose: Die Nase ist überraschend leicht für einen Whisky mit 61% Alkohol. Schön fruchtig, leicht speckig und mit viel Süße.

Taste: Auch auf der Zunge ist der Whisky zunächst mal weich und sehr süß, mit vielen Sherrynoten. Dann folgt eine kurze Pause, in der ich mich schwer tue, ihm überhaupt irgendwelche Noten abzuringen. Und dann: viel Alkohol, und das ganz schön plötzlich! Und mit dem Alkohol kommen speckige Noten, Rauch und eine deutliche Schwere, die sich im Mundraum bemerkbar macht. Als hätte man jetzt einen Schluck vom Bodensatz des Fasses erwischt.

Finish: Und wo der Whisky gerade mal dabei ist, mit Alkohol Rauch und Schwere um sich zu werfen, ist auch das Finish lang und heiß, und es reicht bis tief in den Bauch hinein.

Wertung:

Das war ein würdiger Abschluss eines großartigen Tastings!

In der Whiskybase habe ich den Whisky nicht gefunden.

Kilchoman wird nie langweilig

Ein Tasting, das nur eine einzige Destillerie "bietet", ist sicher eine Herausforderung für den Moderator. Das ist kein Anfängertasting, und die Zielgruppe ist entsprechend klein. Für erfahrene Teilnehmer ist es aber ein Hochgenuss, eine Destillerie in ihrer Vielschichtigkeit kennen zu lernen. Und hier muss ich zugeben: auch wenn ich vorher gewusst hatte, dass Kilchoman exzellente Whiskys hat, hätte ich nicht gedacht, eine solche Breite an Aromen und Kompositionen zu erleben. Noch dazu, wo Kilchoman erst seit 2005 existiert, also noch gar nicht so viel Zeit hatte, ein breites Profil zu entwickeln. Tolle Destillerie, tolles Tastingthema, toller Abend!

Zur Destillerie gehts hier: Kilchoman

Tasting Kilchoman September 2017

As We Get It - Islay Single Malt

As We Get It - Islay Single Malt

Ian MacLeod war vor kurzem in aller Munde. Jedenfalls in der Whiskyszene. Nicht mitbekommen? Na, der Name des Unternehmens blieb auch in der Tat etwas im Hintergrund, zu Gunsten der Destillerie, deren Wiedereröffnung angekündigt wurde. Nein, natürlich nicht Port Ellen und Brora, die gehören bekanntlich zum Diageo-Imperium. Die Meldung zu Rosebank in den Lowlands kam ein paar Tage danach und löste bei Kennern eine ähnliche Begeisterung aus.

Aber Rosebank ist nicht das einzige Pfund, mit dem Ian MacLeod wuchern kann: neben den aktiven Destillerien Glengoyne und Tamdhu hat man auch Bottling Serien wie Chieftains und Dun Bheagan oder Abfüllungen wie Smokehead (ein Islay Single Malt aus ungenannter Destillerie) am Markt. Und auch abseits der Whiskywelt vertreibt man mit Edinburgh Gin oder Atlantico Rum bekannte Namen und leckere Getränke.

Wir hatten diesmal eine Whiskyabfüllung aus einer keinen Serie im Glas, die gleichermaßen geheimnisvoll wie ehrlich ist. Die As We Get It Whiskys verschweigen notgedrungen ihre Herkunftsdestillerie. Das Statement hinter dem Namen lautet aber: Das ist genau der Whisky, der aus dem Fass gekommen ist. Keine Vermählung, keine Verdünnung, keine Färbung, keine Kühlfiltrierung. Aber woher? Immerhin darf die Herkunftsregion genannt werden, und unserer kam aus Islay und wurde mit 57,1% abgefüllt. Auch der Fasstyp ist bekannt: der Whisky lag in Ex-Bourbon Casks. Da wäre man angesichts der Farbe allerdings auch selbst drauf gekommen ...

Colour: C3 - Stroh

Nose: Huii! Der Alkohol, der einem in die Nase schlägt, brennt ja schon fast auf der Zunge, wenn man nur daran riecht. Kurz durchgeatmet und gewartet, bis sich die Alkoholwolke verzogen hat, dann wieder über das Glas mit der Nase. Jetzt riecht der Whisky süß und fruchtig. Es sind helle Früchte, frisch und leicht, wir reden hier nicht von den schweren, dunklen Früchten, die mit der Reifung in Sherry- oder anderen Süßweinfässern kommt. Dann finden wir Malz - die angekeimten und durch Hitzetrocknung in ihrer Keimung unterbrochenen Körner - und leichten Rauch. Auch der Rauch erscheint frisch, wie an einem brennenden Lagerfeuer. Der nächste Eindruck ist der einer Strohscheune, die im wahren Leben natürlich lieber nicht neben einem zündelnden Lagerfeuer erscheinen sollte. In der Welt der Whiskyaromen besteht da natürlich kein Risiko. Und noch ein Gedanke: Irgendwie erinnern die Aromen an New Make Spirit, vor allem die Kombination von Süße, Fruchtigkeit und Rauch. Der Whisky dürfte noch ziemlich jung sein. Oder das Fass war schon ausgelutscht. Jedenfalls sind kaum Fassnoten in den Whisky gedrungen. Mal schauen, ob das auf der Zunge anders ist.

Taste: Der erste Eindruck auf der Zunge ist süß, mit nur wenig Alkohol. Hmm. Sollte der ganze Alkohol in die Nase gegangen sein? Ähh, nein, mit kurzer Verzögerung und dafür schlagartig kommt viel Alkohol auf der Zunge an, verbunden mit viel Rauch. Die anfängliche Süße bleibt aber da und verbindet sich mit dem Rauch und der alkoholischen Schärfe zu einer sehr attraktiven Kombination. Interessant ist, dass auch auf der Zunge kein Holz und keine Vanille zu finden sind (was sich mit den Eindrücken aus der Nase deckt), die Süße jetzt aber deutlich schwerer geworden ist, wie klebriger Zucker und Karamell. Da war wohl doch das Fass am Werk, aber es ist schon ungewöhnlich, dass die Holznoten so selektiv in ein einziges Aromaelement fließen.

Finish: Nachdem sich der Alkohol im Mund dann doch noch durchgesetzt hat, beeinflusst er auch den Abgang, der warm und kraftvoll bis weit in den Hals hinunter zu spüren ist.

Wertung:

Der "As We Get It" von Islay ist ganz klar ein sehr junger Whisky. Ich bin mir ncht sicher, ob er ganze fünf Jahre auf dem Buckel hat. Der Gesamteindruck ist durchaus noch in der Nähe des New Make Spirit, Fasseinflüsse sind schwer zu finden. Trotzdem finde ich in der Kombination aus Süße und Rauch einen sehr Islay-typischen Geschmack, der - verbunden mit dem hohen Alkoholgehalt - angenehm kraftvoll ist, ohne brutal oder roh zu wirken. Der Whisky steht jedenfalls auf der Liste, wenn wir mal wieder einen günstigen Everyday-Dram mit "Heimatgefühl" brauchen. (Und die anderen "As We Get It" Abfüllungen stehen auf der Neugierliste.)

Der Whisky in der Whiskybase: 43491

Zum Abfüller gehts hier: Ian MacLeod

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