Bunnahabhain Handfilled Oloroso September 2015
Bunnahabhain ist die nördlichste Destillerie auf Islay. Wer dorthin will, biegt auf dem Weg vom Zentrum der Insel nach Port Askaig an einem ausgeschilderten Abzweig nach links auf eine Single Track Road ab und genießt für einige Meilen die schönen Ausblicke: zur Rechten auf den Sound of Islay und die gegenüber liegende Insel Jura, zur Linken auf eine wellige Hochebene und das schön gelegene Loch Ardnahoe, Standort einer der nächsten Destillerien auf Islay. Nach einer scharfen Kurve und einer steilen Abfahrt gelangt man an den Warehouses vorbei zur eigentlichen Destillerie mit Innenhof und Pier, der bei schönem Wetter zum Grandiosesten zählt, was Islay zu bieten hat.
Auch wenn die Umgebung etwas abgelegen und rauh ist: die Whiskies von Bunnahabhain zählen eher zu den zahmeren Vertretern der Insel. Hier arbeitet man mit sehr wenig Torf - wenn überhaupt - und der klassische Bunnahabhain ist weich und sanft hinter einer leicht würzigen und sehr typischen Destillerienote. Und auch wenn die Destillerie auch anders kann (die Whiskies mit der Zusatzbezeichnung "Moine" sind intensiv getorft und brauchen sich hinter anderen Vertretern der Insel nicht zu verstecken), hatten wir heute einen ungetorften - und dennoch besonderen - Bunnahabhain im Glas.
In einer kleinen Flasche von 200ml stand seit letztem September eine Fassprobe der WH9 Handfilled Serie bei uns im Regal: aus Fass #1490-1240, einem 1st-fill Oloroso Fass und mit stolzen 59,5%. Das "WH9" steht für "Warehouse No.9", die Schatzkiste der Destillerie. Und auch wenn wir die Flasche nicht selbst von Hand abgefüllt (sondern nur von Hand dem Shopregal entnommen haben), stimmen Kauf- und Abfülldatum (der 18.09.2015) überein.
Colour: M10 (Hennarot)
Nose: In der Nase ist er krafvoll, stark und alkoholisch (kein Wunder bei dem Alkoholgehalt), dabei aber durchaus angenehm. Danach wird es erstmal süß, und es dringen Noten von Trockenfrüchte, Pflaumen, Aprikosen und - vielleicht - Rosinen in die Nase. Dann irgendwann öffnet sich die ganze Pracht der Sherrykomposition, und der Alkohol verflüchtigt sich etwas. Ein bischen Karamell ist noch dabei, und - so fand meine Frau - Rasierwasser! Also bei aller Liebe: so sehr ich mich sonst auf die Nase meiner Frau verlassen kann: hier habe ich so meine Bedenken. Andererseits: das Rasierwasser würde ich wohl benutzen.
Taste: Dann auf der Zunge: kraftvoller Antritt und trocknender Eindruck in den Seiten den Mundraumes. Dazu passt die deutliche Holznote (leicht bitter), die eigentlich gar nicht so recht zum Bild einer Sherrylagerung passen will. Aber sie ist eindeutig da. Nun ja, auch Sherryfässer sind aus Eichenholz, da wird die Note dann wohl herkommen. Erklärbar, aber dennoch interessant. Es ist übrigens nicht so, als würde das Holz den Sherry verdrängen: der bleibt schon die klar dominierende Note. Was noch da ist: ein bischen Pfeffer. Mit ein paar Tropfen Wasser (am besten nicht im Glas, sondern im Mund verdünnen), wird der Whisky dann sehr (sehr) süß. Das habe ich bei verschiedenen Fassproben aus Bunnahabhain (Warehouse Session beim Islay Festival) schon so erlebt, und so ein bischen hatte ich mich auch hierauf diesen Effekt gefreut. Hat geklappt!
Finish: Der Abgang ist lang, und der Whisky brennt dabei im Hals. Hier merkt man dann, dass es sich eben nicht nur um einen weichen Sherryvertreter handelt, sondern in erster Linie um eine Fassstärke - sehr gut! Und zum Schluss kommt auch meine Frau nochmal zu Wort. Sie hat nämlich - aus lauter Experimentierdrang - mal einen schnellen Schluck genommen, also ohne den Whisky im Mund zu lassen. Sehr interessanter Effekt, den auch ich bestätigen kann: Der Whisky (also nicht die Flüssigkeit, sondern die Geschmacksnoten) kommt süß und scharf von hinten wieder in den Mundraum. Ich fühlte mich an einen Geisir erinnert. Sehr interessant und lecker. Und immer wieder gut, mal etwas Unkonventionelles zu versuchen.
Wertung:
Zur Destillerie gehts hier: Bunnahabhain