Whic Samples: Bruichladdich und Port Charlotte

Whic Samples

Wie ich schon im letzten Artikel berichtet habe, ging es bei uns einen ganzen Abend lang um die Samples, die uns Whic freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte. Im zweiten Teil unseres Privattastings standen nun drei Whiskies aus derselben Destillerie auf dem Programm, nämlich Bruichladdich. Die Destillerie auf Islay, bekannt für ihre Experimentierfreudigkeit mit verschiedensten Fasstypen, gibt auch recht großzügig Fässer ab. So ist es nicht verwunderlich, dass auch Whic gleich drei verschiedene Fässer von Bruichladdich als eigene Abfüllungen im Programm hat. Allerdings sind die Auflagen bei zwei dieser Whiskies sehr klein (und dementsprechend schon vergriffen). Das liegt daran, dass es sich hier nicht um das ganze Fass gehandelt hat, sondern nur um einen Fassanteil. Was mit dem Rest passiert ist, weiß man natürlich nicht, es sei denn, man stößt bei einer anderen Abfüllung auf dieselben Fassdaten. Aber selbst dann kann das immer noch ein ganz anderer Whisky sein, denn er kann länger oder kürzer im Fass gelegen haben als diese hier, und der andere Abfüller könnte sogar ein eigenes Finish obendrauf gesetzt haben.

Na egal, die Hauptsache ist natürlich das, was in unserem Glas ist, und darum haben wir uns gekümmert.

Bruichladdich 2006/2015

Wir begannen mit einem Bruichladdich (also einem ungetorften Whisky dieser Destillerie), der am 10.05.2006 destilliert und am 14.08.2015, also im Alter von 9 Jahren, abgefüllt wurde. Das Fass war ein Bourbon Cask mit der Nummer #317, der Whisky wurde mit 55,2% auf 48 Flaschen verteilt. Wie gesagt, das war nur ein Teil des Fasses.

Colour: M6 (Ocker), mach optisch einen etwas öligen Eindruck

Nose: Das riecht nach ... Nüssen! Erdnüsse, Pistazien, und Pinienkerne. Letztere deuten sich zuerst nur vorsichtig an, werden aber später immer deutlicher. Der Alkohol ist präsent, beißt aber nicht. Hmm, und Rauch? Das sollte ja eigentlich nicht sein, aber der Verdacht bestand. Vielleicht waren das aber auch die Röstaromen von den Nüssen. Dann Holz, und zwar frisches Holz, jung, und etwas harzig.

Taste: Auch auf der Zunge: nussig! Ein bisschen ölig, weich, kaum Alkohol. Dazu leicht salzig, kombiniert mit einer gewissen Süße, erinnert an Erdnuss(Nuss!)butter). Und der Whisky ist angenehme warm.

Finish: Im mittellangen Abgang schwingen ein paar Salznoten mit. Interessanterweise ist das Finish so gar nicht warm.

Wertung:

Das ist mal ein ungewöhnlicher Whisky, sehr lecker mit seinen vielfältigen Nussaromen in Nase und Mund. Sowas habe ich noch nie gehabt. Da würde ich gerne die Geschichte des Fasses kennen. Der Beschreibung nach war das ja ein ganz normales (wobei: was ist bei Fässern schon normal?) Ex-Bourbon Cask. Aber das muss diese Noten wohl abgegeben haben. Denn zum einen ist ja durchaus bekannt, dass der überwiegende Teil der Aromen eines Whiskies aus dem Fass stammen, und zum anderen habe ich den New Make Spirit von Bruichladdich gerade kürzlich probieren können, und da sind keine Nussaromen drin.

Der Whisky in der Whiskybase: 75243

Zur Destillerie gehts hier: Bruichladdich

Bruichladdich 2003/2015

Auch der nächste Whisky war ein Bruichladdich. Dieser Name steht ja nicht nur für die Destillerie selbst, sondern auch für den ungetorften Whiskytyp von dort. Diesmal allerdings war der Whisky zwei Jahre älter (also 11 Jahre - destilliert: 26.11.2003, abgefüllt: 27.08.2015), und er kam aus einem Sherry Hogshead (#1333). Diesmal handelt es sich nicht um Fassstärke, der Whisky wurde auf 46% verdünnt.

Auch hier (36 Flaschen) handelt es sich um einen Fassanteil. Der Whisky war regelrecht trüb vor lauter Schwebeteilchen. Das war auch auf dem Beipackzettel vermerkt und wurde darauf zurückgeführt, dass der Whisky vor der Abfüllung gar nicht gefiltert wurde. Es wurde also nicht nur auf die Kühlfilterung verzichtet, die verhindert, dass sich beim gekühlten Whisky Trübungen bilden, sondern es wurde auf jegliche Filterung verzichtet.

Colour: M6 (Ocker). Wir hatten den Whisky etwa zwei Wochen still stehen gelassen (wenn man sich Zeit lassen will, dann muss man die erst mal finden ...), und die Schwebeteilchen hatten sich unten abgesetzt. Die Farbe beschreibt also den geklärten Whisky. Und auch beim Ausschenken waren wir zunächst sehr vorsichtig, so dass wir (mehr oder weniger) klaren Whisky im Glas hatten. Auf dem Foto zum Artikel handelt es sich übrigens um die linke Flasche, da sieht man sie abgesetzten Schwebezeilen am Flaschenboden sehr deutlich.

Nose: Wir riechen Gerste und (dunkles) Bier. Außerdem eine ordentliche Portion Süße und Räucherschinken. Die beiden letzteren Aromen passen irgendwie so gar nicht zusammen, aber die Schinkenaromen vergehen recht schnell. Dafür kommen nun Noten zum Vorschein, die sich erheblich besser in das Gesamtbild einpassen: blumiger, parfümierter Schwarztee und (relativ zurückhaltend) Sherry.

Taste: Auf der Zunge ist der Whisky sehr weich und süß, und der Sherry kommt gut zur Geltung. Trotz der Süße glaube ich aber, dass es sich im Fass um einen eher trockenen Sherry gehandelt haben muss. Da sind Aromen dabei, die ich von Oloroso oder gar PX nicht kenne. Erinnert mich an würzigen Weißwein, und das würde ja zu einem trockenen Sherry auch so ungefähr passen.

Ich habe dann noch den Rest aus der Sampleflasche ins Glas gegossen, weil ich wissen wollte, wie sich die Schwebeteilchen auswirken. Bisher hatten wir ja nur den vorsichtig dekantierten Whisky probiert. Und siehe da: ich habe plötzlich einen ganz anderen Whisky im Glas! Der Tropfen ist jetzt viel weniger süß, dafür kräftiger im Geschmack, und der Alkohol ist deutlich präsenter. Ich finde nun Noten, die mich an neue Schuhe (oder Gerüche aus einer Schusterwerkstatt) erinnern. Vielleicht sind das Ledernoten. Ein paar Schlucke später entwickelt sich dann auch der Sherry spürbar intensiver.

Finish: Das Finish ist ziemlich kurz und ... naja, nennen wir es unspektakulär.

Wertung:

Hmmm. Nein, das wird nicht mein Lieblingswhisky. Dafür waren zu viele Unstimmigkeiten dabei. Auch nach der "Fehlerkorrektur" mit den Schwebeteilchen hat mich der Whisky nicht vollends überzeugt. Wobei der Effekt, den die Schwebeteilchen offensichtlich auf den Whisky und das Geschmackserlebnis haben, absolut faszinierend ist. Ich glaube, ich werde keine Schwebeteilchen mehr weglassen, nur weil ein Getränk instinktiv "sauber" sein muss. Ich denke, das ist so ähnlich wie bei der Kühlfiltrierung. Wenn man die weglässt, trinkt man ja auch zusätzliche Teilchen mit, auch wenn man sie bei Raumtemperatur nicht sieht.

Der Whisky in der Whiskybase: 75242

Zur Destillerie gehts hier: Bruichladdich

Port Charlotte 2003/2015

Zum Schluss gab es noch einen Port Charlotte. Diese Serie stammt ebenfalls aus Bruichladdich und ist stark getorft (meiner Erinnerung nach arbeitet Bruichladdich da mit etwa 60 ppm). Der Name stammt von der drei Kilometer südlich gelegenen ehemaligen Destillerie im gleichnamigen Ort, die schon seit vielen Jahren nicht mehr in Betrieb ist (geschlossen 1929).

Der Vollständigkeit halber: auch die dritte Serie von Whiskies aus Bruichladdich ist nach einer ehemaligen Destillerie in der Nachbarschaft benannt: die Octomore Destillerie lag ein paar Kilometer im Landesinneren und wurde bereits 1852 geschlossen. Bei diesen Whiskies stellt Bruichladdich Rekorde bei der Rauchigkeit auf: man arbeitet mit 167 - 256 ppm!

Der Port Charlotte, den wir im Glas hatten, war 12 Jahre alt (destilliert: 07.07.2003, abgefüllt: 01.09.2015 mit 56,0%, Fassstärke) und stammt aus einem Bourbon Hogshead (#660). Es gibt 180 Flaschen.

Colour: M4 (Bernstein)

Nose: Wer die rauchigen Islay-Whiskies mag, der fühlt sich beim ersten Schnuppern am Glas zu Hause. Die Nase quillt über vor Rauch, Torf und Süße. Und Dreck! Naja, natürlich nicht wirklich, ich meine diese rauhe, wilde Schärfe, die mit leicht medizinischem Einschlag Laphroaig so berühmt gemacht hat. Auch Salz und Seeluft kennt man eher von den Whiskies der Südküste, für Bruichladdich sind sie eher untypisch, aber hier definitiv vorhanden. Dazu Holz aus dem Ex-Bourbon Fass, feuchtes Heu und eine gewisse Modrigkeit. Das hört sich alles gar nicht positiv an? Ist es aber. Wer Islay-Torf mag, der liebt diese Noten. (Allerdings gilt auch umgekehrt: wer sie nicht mag, der schüttelt sich.) Vanille finden wir übrigens nicht. Das ist zwar auch eine typische Note für Ex-Bourbon Fässer, aber hier scheint sie von der Wildheit der anderen Gerüche hinweggefegt worden zu sein.

Taste: Auch auf der Zunge finden sich natürlich Torf, Rauch, und Moor, dazu ebenfalls wieder süße Noten. Alkohol ist nur dezent spürbar. Und das passt in das sehr runde und ausgewogene, fast feine Gesamtbild im Geschmack. So wild der Port Charlotte sich in der Nase gegeben hat, so rund, vornehm und zurückhaltend wirkt er im Mund. Dabei ist aber alles da, nichts fehlt. Toll!

Finish: Das Finish ist nicht besonders lang, aber es schließt sich sehr nahtlos an den Geschmack im Mund an. Man merkt fast gar nicht, wann der letzte Tropfen Whisky geschluckt ist und man nur noch den Nachhall genießt.

Wertung:

Das war definitiv mein Favorit des Whic-Abends. Nein, nicht meiner. Unserer. Und wenn der nicht vergriffen wäre, dann hätte ich doch glatt die Erlaubnis bekommen, die derzeitige Anschaffungssperre (wir haben einfach keinen Platz mehr im Regal) für diese Flasche zu durchbrechen.

Vergriffen? Ähem ... aber im Shop gibt es ihn doch noch! Da hatte ich mich wohl vertan. Welch ein Glück! Eine Flasche davon landete dann ziemlich schnell im Warenkorb und mittlerweile in unserem Regal - irgendein Plätzchen lässt sich immer noch freiräumen. Ich glaube, den werde ich mit einem gewissen zeitlichen Abstand nochmal probieren und schauen, ob der Eindruck noch der gleiche ist.

Der Whisky in der Whiskybase: 75245

Zur Destillerie gehts hier: Bruichladdich

Am Ende eines langen Abends (und zweier langer Artikel) bleibt mir noch, mich bei Whic ganz herzlich für die Samples zu bedanken. Nicht alle der Whiskies haben uneingeschränkt meinen Geschmack getroffen, aber das, glaube ich, wäre auch des Guten zu viel gewesen. Mein Bild, dass die Leute bei Whic eine hervorragende Nase für gute Fässer haben, hat sich durch diese Serie absolut bestätigt und gefestigt, und wenn mir mal ein Whisky nicht so gut schmeckt, dann ist da nur eine der spannenden und interessanten Seiten dieses wunderschönen Hobbies: dass jeder einen anderen Geschmack hat und gemeinsame Entdeckungsreisen in die Welt der Whiskies nur noch mehr spannende Entdeckungen versprechen. Ich werde jedenfalls immer wieder gerne auf neue Abfüllungen bei Whic warten.

Zum Shop gehts hier: Whic

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