Tasting: Malts der schottischen Inseln
Ich bin ein bischen hintendran mit den Artikeln. Aber es gibt halt Dinge, die gehen vor. So mancher Whiskyartikel kann deshalb erst eine ganze Weile nach dem Genuss des Tropfens erscheinen, den er beschreibt. Berichte über Tastings, Messen und ähnliche Veranstaltungen versuche ich zwar immer möglichst zeitnah zu verfassen, aber manchmal klappt auch das nur bedingt. In diesem Fall lag das an einer ungewöhnlichen Häufung von Veranstaltungen. Gleich vier davon drängelten sich an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden, und das war dann ein bischen zu viel. Nächstes Wochenende geht es dann schon wieder los, deshalb nutze ich die Gelegenheit, den letzten Tastingartikel fertig zu bekommen.
Wieder einmal war malt'n'taste der Veranstalter, wieder einmal hatten wir uns im Gasthaus Zur Linde getroffen, und wieder einmal hatte sich Michael vieles Gute und Interessante einfallen lassen.
Diesmal ging es - die Überschrift sagt es schon - um die schottischen Inseln. Islay (die Raucherecke auf der großen Whiskyparty) war natürlich vertreten, reihte sich aber diesmal ein in eine bunte Sammlung von Whiskies aller Single-Malt produzierenden Inseln. Naja, genau genommen gäbe es da schon noch eine: Abhainn Dearg auf Lewis haben wir ausgelassen. Und wenn Harris (in Bau) und Barra (in Planung) erstmal ihre Destillerien haben und vielleicht auch auf den Shetlands (Reel Distillery, produziert im Moment Gin) Malt Whisky produziert wird, dann haben wir schon fast genug Inseln für ein weiteres Tasting zusammen. (Um hier keine falschen Gerüchte in die Welt zu setzen: das mit den Shetlands ist reine Spekulation von mir. Ich habe keine Ahnung, ob es bei Reel Pläne gibt, ins Whiskygeschäft einzusteigen. Ich weiß nur, dass es mir gefallen würde.)
Aber zurück zu den Whiskies im Glas. Michael wäre nicht Michael, wenn er nicht irgendwelche Besonderheiten aufgetischt hätte. Und mehr noch: es gab keine einzige Standardabfüllung, nur spezielle Whiskies:
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Isle of Arran: Arran 10 yrs, Private Cask - 54,1%, distilled 20.09.2004, bottled 09.07.2015, Cask #2004/009, Sherry Hogshead, 338 Flaschen, Farbe: M10 Hennarot - In der Nase macht sich zunächst einmal intensiver Sherrygeruch breit, mit Rosinen, Trockenfrüchten und Orangen. Auch der Alkohol ist spürbar. Darüber hinaus finden wir viele Süßigkeiten, von Waffeln über Mon Cherie bis zu Werthers Echte (für die jüngeren unter uns: so hießen Werthers Original früher mal). Auf der Zunge wieder Holz (aber weniger als in der Nase),später kommen Schokolade und Karamell hinzu. Der Abgang ist lang und warm und legt sich genüsslich auf die Zunge. Und mit ein paar Tropfen Wasser explodiert der Whisky im Geschmack geradezu.
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Isle of Skye: Talisker, Abfüllung für Friends of Classic Malts, Triple Matured - 48%, 4500 Flaschen, Farbe: M10 Hennarot - Zuerst mal steigt (was auch sonst bei Talisker) eine Note von Holzrauch in die Nase, aber wirklich nur wenig, dann Meer, Algen, Salz und Pfeffer. Auf der Zunge kommt der Rauch etwas klassischer daher, auch Holz ist vorhanden. Ein bischen süß, eine Idee von Sherry (obwohl nicht bekannt ist, ob der Whisky mal Bekanntschaft mit einem Sherryfass gemacht hat), etwas Malz, insgesamt recht leicht, obwohl die 48% für Talisker schon recht stark sind. Das Finish ist dann das interessanteste: zuerst mittellang uns scheinbar schon weg, kommt er nochmal zurück, und diesmal recht scharf. Spannendes Finish auf einen der weniger spannenden Whiskies des Abends.
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Isle of Mull: Ledaig 5 yrs, Sherry Finish 42%, Farbe: M8 Kupfer - Was das hier so genau für ein Whisky ist, war uns allen nicht ganz klar. Es handelt sich definitiv um eine Destillerieabfüllung, aber auch die Whiskybase weiß keine Details wie das Destillationsjahr oder ob es sich um eine reguläre Abfüllung oder um eine Sonderedition handelte. Na egal, interessanter ist sowieso, wie er sich im Glas macht. An Whiskies aus Tobermory scheiden sich die Geister. Während ich sie (meistens) grandios finde (insbesondere die ölige Variante des Rauches, insbesondere in Verbindung mit Sherry), höre ich von anderen schon mal (so auch hier) Attribute wie Brühe, Maggi oder Gummi. Ich glaube, wir meinen alle das gleiche, nur sind die Assoziationen unterschiedlich. Auch im Geschmack ist das ein typischer Ledaig, süß und mit einer Öligkeit, die sich über die Zunge ausbreitet. Er ist recht weich, und auch die Pfeffernote, die er hat, ist weniger scharf ausgeprägt als anderswo. Mit ein paar Gewürznoten fühle ich mich an balinesischen Langpfeffer erinnert, den wir mal von einer Reise mitgebracht haben. Das Finish ist dann nur mittellang.
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Orkney Islands: Highland Park Freya - 51,2%, 15 yrs, Bourbon Barrels, Farbe: M6 Ocker - der nördlichste Vertreter des Abends kam von den Orkneys und brachte als Bestandteil von Highland Parks Walhalla-Serie ordentlich Vorschusslorbeeren mit. Andererseits machte auch die ungewöhnliche Fassreifung (nur Bourbon Barrels, Highland Park arbeitet sonst überwiegend mit Sherryfässern) neugierig. In der Nase gab es zunächst mal Holz und Vanille zu riechen, dazu Mandeln, Honig(?), Karamell und Popcorn. Ein leicht "sprittiger" und scharfer Unterton war noch da. Im Geschmack dann war eine (nach der Nase überraschende) Schärfe vorhanden, dazu durchaus passend Ingwer, auch Ananas und Holz. Das Finish war lang. Insgesamt sicher kein schlechter Whisky, aber mit Vorschusslorbeeren ist das (genau wie mit Vorurteilen) so eine Sache: meistens stimmen sie nicht - jedenfalls nicht vollständig. Göttin Freya hatte das Problem, gegen ein Feld exquisiter Konkurrenten um den Gaumen der Taster antreten zu müssen - und hat dabei verloren.
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Isle of Jura: Jura 26 yrs, The Pearls of Scotland - 51,9%, distilled 09/1988, bottled 12/2014, Cask #1354, 205 Flaschen, Farbe: M7 Safran - Der nächste Whisky kam von einer nicht ganz einfachen Destillerie. Jura ist eigentlich eine sehr sympathische Insel, mit gerade mal 200 Einwohnern recht einsam und auch wenn wir "nur" eine Standardführung hatten, ist mir die Destillerie positiv in Erinnerung geblieben. Ihre Whiskies dagegen treffen selten meinen Geschmack. Bei diesem hier war das allerdings definitiv anders. Mit Holz, Malz, Früchten, Süße und ein paar Erdnüssen gab es ein Feuerwerk von Aromen in der Nase. Und am Gaumen ging es weiter: Wiederum Holz und Früchte, Beeren, ein Schuss Alkoholschärfe, dabei dennoch weich und vor allem das Alter machen den Jura zu einem Favoriten des Abends. Das Finish ist lang und warm, und der alkoholische Geschmack ist bis zum Ende sehr präsent. In der Tat eine Perle unter den schottischen Whiskies.
- Isle of Islay: Port Charlotte 10 yrs, Private Cask - 57,1%, distilled 07/2004, bottled 10/2014, Cask #890/2004, Ex-Bourbonfass, 217 Flaschen, Farbe: M6 Ocker - Wenn man auf den Jura noch einen draufsetzen will, wo könnte man dann suchen? Natürlich auf Islay, und dort insbesondere in Bruichladdich mit ihrem enormen Variantenreichtum an Aromen und Geschmäckern, Torfgehalten und Fasstypen. Hier hatten wir einen Port Charlotte, also einen kräftig (aber nicht übermäßig) getorften Whisky aus einem privaten Fass. In der Nase finden wir Torf, Rauch, Medizin, ein wenig geräucherten Schinken, gebrannte Erdnüsse, Zimt, Gerste und Pfeffer. Ein Teilnehmer meinte sogar, den Geruch einer abgebrannten Kupplung entdeckt zu haben. Auch auf der Zunge ist dann wieder Rauch und Torf präsent, außerdem (frisch umgegrabene) Erde, Honig, Pfeffer und Holz, das eine gewisse bittere Note hinzufügt. Das Finish ist lang, scharf und kraftvoll und erzeugt eine angenehme Wärme im Hals.
Ob nun Jura oder Port Charlotte: ich kann mich nicht entscheiden, welcher Whisky mir besser geschmeckt hat. Aber darum geht es ja auch gar nicht. Am Ende freue ich mich, dass ich sechs exzellente Tropfen im Glas hatte, die ich ohne dieses Tasting nie kennengelernt hätte. Und natürlich freue ich mich schon auf das nächste Tasting mit tollen Whiskies, toller Moderation, guten Freunden und - last, not least - leckerer Pausenkost.
Zur Tasting-Webseite gehts hier: malt'n'taste