Private Tasting, April 2016
Manchmal holt einen das Thema Whisky auch von anderer Seite ein. In der Firma, die ich mit einigen Partnern gemeinsam gegründet habe, verstehen wir uns nicht nur beruflich, sondern auch privat sehr gut. Es gehört zum Konzept, dass wir so etwas wie eine große Familie sind. Und deshalb veranstalten wir regelmäßig "Social Events", vom Grilltreffen über Eventstammtische bis zu Offsite-Wochenenden. Bei manchen dieser Anlässe arbeiten wir auch gemeinsam, so waren die jährlichen Offsite-Wochenenden ursprünglich dazu gedacht, mal für ein paar Tage aus der gewohnten Umgebung zu entfliehen und strategische Themen anzugehen, die ansonsten oft im Arbeitsalltag untergehen.
Diesmal ging es aber nicht um Arbeit, obwohl sich der Gastgeber schon ziemlich viel Arbeit gemacht hatte. Wir trafen uns in der Kellerbar des ausgewiesenen Whiskyliebhabers zu einem Event-Stammtisch, der diesmal als Whiskytasting gestaltet war. Mit sechs Teilnehmern war der Teilnehmerkreis überschaubar, sozusagen angepasst an das Tastingsortiment. Die Bandbreite mied zwar mit Rücksicht auf Einsteiger die "schwierigen" Bereiche wie Fassstärke und Torfmonster, bot aber dennoch ein sehr breites und interessantes Spektrum, das auch jenseits des Supermarktbereiches reichte.
Der Abend legte mehr Wert auf Geselligkeit und Überblicksinformationen, deshalb haben wir keine detaillierten Tasting Notes erfasst. Ich habe stattdessen ein paar Informationen zu den jeweiligen Whiskies und Destillerien herausgesucht.
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North British 1997, Signatory Single Grain Collection, 40% - Gleich der erste Whisky war ein ungewöhnlicher Tropfen. Die North British Distillery ist eine der größten Grain Whisky Destillerien in Schottland. Mitten in Edinburgh gelegen (also zur Region Lowlands gehörig), produziert sie erhebliche Mengen Whisky aus Grain, also ungemälztem Getreide, in diesem Fall Gerste. Das meiste wird zur Herstellung von Blended Whisky verkauft, die meisten bekannten Marken enthalten North British Grain. Direkte Abfüllungen gibt es nur selten, und auch diese hier stammt nicht von der Destillerie selbst, sondern von Signatory, einem der größten unabhängigen Abfüller, der ganze Fässer in Destillerien kauft und in eigener Regie lagert und abfüllt. Dieser hier schmeckte sehr weich und fruchtig und sorgte für einen gelungenen Auftakt.
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Auchentoshan Three Wood, 43% - Auch der Auchentoshan kommt aus den Lowlands. Die Destillerie liegt ganz in der Nähe von Glasgow. Hier haben wir einen Single Malt, der also aus gemälzter Gerste produziert wurde und nur aus einer einzigen Destillerie kommt. Der Name weist darauf hin, dass der Whisky in drei verschiedenen Fasstypen gelagert wurde, diesfalls American Bourbon, Oloroso Sherry und schließlich Pedro Ximenez Sherry Fässer. Der Whisky ist weich (typisch für Auchentoshan, die als einzige der größeren Brennereien in Schottland dreifach destillieren), und die Lagerung in Sherryfässern schlägt sich in Farbe und Geschmack nieder.
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Oban, Distillers Edition 2015, 43% - Oban ist eine kleine Stadt an der schottischen Westküste und gehört whiskytechnisch zur Region Highlands. Verkehrstechnisch ist sie das "Tor zu den Inseln", hier starten viele Fährverbindungen zu den inneren und äußeren Hebriden. Die Destillerie, mitten in der Stadt gelegen, gehört zum internationalen Konzern Diageo, der den Whisky schon seit Jahren als Teil der Serie "Classic Malts of Scotland" vermarktet. Hier hatten wir die Destillers Edition im Glas, eine jährlich aufgelegte Sonderabfüllung, also jedes Jahr ein kleines bischen anders. Dieser hier wurde 2000 destilliert und 2015 abgefüllt, hat also 15 Jahre im Fass verbracht. Das Finish ist am dritten der vier goldenen Siegel auf der Flasche zu erkennen, "MF" steht für Montilla Fino. Fino ist ein trockener Sherry, diese Fässer kommen in der Whiskyindustrie nur selten zum Einsatz. Der Whisky ist deutlich kräftiger als der Auchentoshan. Auch hier schmeckt man den Sherry heraus, und wer mag, kann sich auch die zum Destilleriestandort passenden Salz- und Seenoten dazudenken. Ich habe sie nicht bemerkt.
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Glendronach 21 yrs Parliament, 48% - Glendronach ist eine Destillerie in der Gegend um Aberdeen und gehört ebenfalls zur Region Highlands. Sie liegt allerdings im Landesinneren und auch benachbart zur Region Speyside, die für ihre weichen und geschmacklich hervorragend abgerundeten Whiskies bekannt ist. Mit rauher See, Torf und Rauch ist hier sicher nicht zu rechnen. Die Verwendung von Sherryfässern ist hier allerdings auch hier üblich, und gerade Glendronach macht ausgiebig Gebrauch von diesen Fässern. Wie schon beim Auchentoshan kommen auch hier sowohl Oloroso als auch Pedro Ximenez Fässer zum Einsatz, allerdings nicht nacheinander als Finish, sondern als Vermählung verschiedener Fässer beider Typen, in denen das Destillat jeweils mindestens 21 Jahre gelagert wurde. Das merkt man an Farbe und Geschmack. Wären da nicht die 48% Alkohol, man könnte annehmen, man habe einen Sherry im Glas.
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Highland Park Harald, 40% - Die Destillerie zum nächsten Whisky liegt auf den Orkney-Inseln und ist die nördlichste Single Malt Destillerie Schottlands - knapp und vorläufig jedenfalls. Knapp, weil es mit Scapa eine weitere Destillerie nur wenige Kilometer südlich gibt, und vorläufig, weil es mit Reel eine Destillerie gibt, die auf den Shetland-Inseln und damit noch ein ganzes Stück weiter nördlich liegt. Reel produziert allerdings bisher keinen Whisky, sondern konzentriert sich auf (leckeren) Gin. Mal sehen, ob man dort irgendwann auch Whisky produziert. Highland Park stellt relativ leicht getorfte Whiskies her, die meistens eine leichte Note von dunkler Schokolade haben. Das trifft auch auf den Harald zu, einen Whisky aus der "Warriors" Serie (Svein, Einar, Harald, Sigurd, Ragnavald, Thorfinn), die allesamt ohne Altersangabe daherkommen. - Die Warriors-Serie ist übrigens eine klassische "Sammlerfalle": die ersten drei Ausgaben sind ohne weiteres bezahlbar (weit unter 100,- EUR), danach ziehen die Preise stark an (1000,- EUR für eine Flasche Thorfinn). Ein Schelm, wer Böses dabei denkt ... aber der Whisky ist lecker!
- Port Charlotte Islay Barlay, 50% - Der letzte Whisky des Tastings führte uns auf die Insel Islay, wo auf gut 600 Quadratkilometern gleich acht Destillerien Whisky produzieren und weitere zwei recht sicher entstehen werden. Bruichladdich liegt im westlichen Teil der Insel und produziert drei Kategorien Whisky: ungetorften Bruichladdich, stark getorften Port Charlotte und unglaublich stark getorften Octomore. Die beiden letzeren sind übrigens nach weiteren, schon lange nicht mehr produzierenden Destillerien in der Umgebung benannt. Alle Whiskies der Brennerei gibt es in einer ganzen Reihe von Varianten. Der Port Charlotte in unseren Gläsern hat die Besonderheit, dass er ausschließlich mit Malz aus einheimischer (d.h. von Islay stammender) Gerste produziert worden ist. Der Geschmack von Torf, Rauch, Holz und Medizin geben dem Tasting einen passenden Abschluss.