Tasting: Bunnahabhain 2016

Manchmal muss man einfach Glück haben. Whisky For Life, ein von mir sehr geschätzter Frankfurter Whiskyshop, hatte auf Facebook eine Änderung für eines seiner Tastings bekanntgegeben, weil ihm der Referent abgesprungen war. Erst dadurch war ich auf das reine Bunnahabhain-Tasting aufmerksam geworden, und die "Zweitbesetzung" für die Durchführung machte mich definitiv hellhörig. Anstelle des Brand Ambassadors von Burn Stewart (schon das wäre keine schlechte Besetzung für das Thema gewesen) übernahm Andrew Brown, seines Zeichens Distillery Manager von Bunnahabhain. Wenn das kein Glücksfall war. Zwei der wenigen noch freien Plätze waren schnell gebucht, und letzten Donnerstag nahmen wir dann in einem gut gefüllten Ladenlokal Platz. Mit uns am Tisch saß ein weiteres Paar, mit dem sich schnell eine angeregte Unterhaltung entspann, bevor es dann losging.
Der schottische Akzent von Andrew Brown ist durchaus leidlich zu verstehen. Er gehört zu jenen, die sauber zwischen dem Akzent und der oft damit einher gehenden Nuschelei trennen, was uns für seine amüsanten Geschichten durchaus zugute kam.
Nach einigen einleitenden Sätzen und Zahlen zur Destillerie (gegründet/legalisiert 1881, peated Whisky gibt es erst seit 2003, pro Tag gehen ca. 300.000 Liter Quellwasser in den Produktionsprozess - zur Kühlung wird je nach Außentemperatur bis zur zehnfachen Wassermenge benötigt) ging es dann los. Das Tasting war in drei Blöcke unterteilt, jeweils durch eine Pause unterbrochen. Im ersten Block gab es die mit Altersangaben versehenen, ungetorften Standardabfüllungen.
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Bunnahabhain 12yo, 46,3% - Diese Abfüllung gibt es seit 1979, auch wenn zwischendrin wohl auch mal das Rezept geändert wurde. Der Sherryanteil hat wohl zugenommen.
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Nose: In der Nase sind viele fruchtige und süße Noten. Dazu kommt die klassische Sherry-Suite mit Rosinen, Trockenfrüchten, Rum (eher nicht) und Sherry, allerdings sehr verhalten. Das ist kein Vergleich zu manchen "Sherrybomben". Was dem Ganzen aber seinen Charme verleiht ist eine Würzigkeit, die für mich ganz typisch Bunnahabhain ist. Keine Ahnung, was das ist, vielleicht ein paar weihnachtliche Gewürze? Aber es ist Bunnahabhain!
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Taste: Im Mund finde ich wieder die leichte Fruchtigkeit und Süße, auch würzig ist er wieder, außerdem nussig und mit Noten von Honig. Die Bunnahabhain-typischen 46,3% Alkohol treten kaum in Erscheinung.
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Finish: Das Finish ist mittellang und schön warm im Hals.
- Der Whisky in der Whiskybase: 42079
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Bunnahabhain 18yo, 46,3% - Als nächstes hatten wir den 18-jährigen, den Freunde von uns zu ihrem All-Time-Favourite erkoren haben. Ich hatte ihn bisher einmal im Glas. Das war am Bunnahabhain Day in der Destillerie. Das war zwar sozusagen der ideale Platz, um einen Bunnahabhain zu probieren, aber bei all dem Trubel des Tages hatte ich keine Gelegenheit, mit Notizen zu machen. Und mit meinem Gedächtnis ist das manchmal so eine Sache ... ich weiß nur noch, dass ich ein bisschen enttäuscht war ob der Vorschusslorbeeren. Nun hatte ich die Gelegenheit, mein Urteil zu korrigieren. Der 18jährige hat den höchsten Sherryanteil unter den Standardabfüllungen, dementsprechend ist er sichtbar dunkler als der 12-jährige.
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Nose: Und auch in der Nase macht sich das bemerkbar: die Sherrynoten und alles, was typischerweise damit einhergeht, haben ganz klar das Kommando in der Nase. Dahinter kommen, deutlich schwächer, auch andere süße, fruchtige und - natürlich - würzige Noten zum Vorschein.
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Taste: Auf der Zunge ist einen Augenblick lang eine gewisse Schärfe zu schmecken (Alkohol, Pfeffer?), aber das wird schnell eingefangen durch eine schöne runde Komposition aus Sherry und Trockenfrüchten. Interessant noch, dass einige Teilnehmer auch ein bisschen Salz fanden. Andrew bestätigte uns, dass das vielen so gehe. Er selbst schmecke da allerdings gar kein Salz, vielleicht, weil er so nah am Meer wohne und eigentlich ständig Salz in der Luft und auf der Zunge habe. Klingt plausibel.
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Finish: Der Abgang ist etwas kürzer als beim 12-jährigen. Das mag daran liegen, dass der 18-jährige insgesamt weicher und runder ist als der jüngere Bruder.
- Der Whisky in der Whiskybase: 53099
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Bunnahabhain 25yo, 46,3% - Zum Abschluss der ersten Session gab es noch den Ältesten im Bunde. Der ist farblich wieder in etwa so wie der 12-jährige, jedenfalls soweit ich das bei der gemütlichen, aber etwas schummerigen Beleuchtung beurteilen konnte.
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Nose: Hier kommt das Salz jetzt deutlicher zur Geltung. Darüber hinaus riecht der Whisky sehr weich, sanft und stimmig. Ich finde viele süße Noten, unter anderem Karamell. Und Leder?
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Taste: Auch auf der Zunge ist der alte Herr weich, süß, sahnig und abgerundet, alles schön aufeinander abgestimmt. Auch ein wenig Salz ist wieder da, und ein bisschen Sherry. Deutlich weniger als bei den jüngeren, aber gerade so viel, dass alles zusammen passt.
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Finish: Im Abgang ist dieser hier eher kurz.
- Der Whisky in der Whiskybase: 27789
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Wie schon erwähnt, wurde jetzt eine Pause eingelegt. Für mich die Gelegenheit, hier ein kleines Zwischenfazit einzustreuen. Rein "technisch" gesehen werden die Standards mit zunehmendem Alter immer besser. Weich, rund und vor allem sehr stimmig. Die meisten Sympathiepunkte bekommt von mir aber der 12-jährige. Zum einen mag ich die etwas raueren Kompositionen, in denen die einzelnen Komponenten sozusagen "miteinander reden", sich manchmal auch etwas streiten. Und zum anderen erzeugt der 12-jährige in meinem Kopf sofort die Bilder von der Destillerie, dem Warehouse, dem Innenhof, der engen Treppe zum noch engeren Shop und natürlich dem wunderschönen Pier mit seinen roten Farbtupfern. Herz über Kopf ...
In der Pause gab es auch ein bisschen was zu essen. Das benachbarte naïv, für seine Craftbeer-Expertise bekannt, lieferte allerlei leckere "Flats" (neudeutsch für Flammkuchen) an. Die Bretter mit den verschiedenen Varianten wurden durch den Laden getragen und weitergereicht, so dass schnell eine lockere Atmosphäre mit netten Pausengesprächen aufkam.
Nach der Pause ging es weiter mit Whiskies, die man so nicht zu kaufen bekommt. Andrew hatte drei Fassproben mitgebracht. Zwei davon waren auf die schon bekannten 46,3% verdünnt, eine war in Fassstärke belassen.
Übrigens: warum eigentlich gerade 46,3%? Hat diese Stärke etwas besonderes? Schmeckt der Whisky in dieser Stärke am besten? Kommen die Aromen am besten zur Geltung? Vermutlich nichts von allem. Ich glaube, dass es das Marketing ist, das gerne eine wiedererkennbare Besonderheit hätte. Talisker macht das ebenso (45,8%). Im Fall von Bunnahabhain, erzählte Andrew, liege es daran, dass das Messgerät in der Verdünnungsanlage ausgerechnet bei 46,3% exakt arbeite, während bei 46% größere Abweichungen auftreten. Ich kann mir das nicht so recht vorstellen. Aber ein Gegenargument habe ich natürlich nicht. Übrigens arbeiten auch Tobermory und Deanston, die beiden anderen Destillerien von Burn Stewart, mit 46,3%. Das kann natürlich daran liegen, dass die durch dieselbe Verdünnungsanlage laufen - oder eben dafür, dass dieselbe Marketingabteilung dahinter steht. Na egal, solange es schmeckt ...
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Bunnahabhain 18yo (bottled Sept. 2016) Cognac Finish, 46,3% - Die zweite Session startete mit einem ungewöhnlichen, aber sehr reizvollen Tropfen. Der Whisky hat volle sechs Jahre, also ein Drittel seines Gesamtalters, in Cognacfässern gelegen. Ein Cognac-Finish findet man selten. Erst vor wenigen Monaten hat Bruichladdich den Port Charlotte CC:01 in die Duty-Free-Shops der Flughäfen gebracht, und weil mir der sehr gut schmeckt, war ich auf den Bunnahabhain (im Gegensatz zum Port Charlotte natürlich ohne Rauch) sehr gespannt.
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Nose: Zuerst einmal: auch das ist ein echter Bunnahabhain. Die würzige Note finde ich sofort. Auch die Süße und Fruchtigkeit wirken vertraut. Ein bisschen Holz ist noch da, und Apfelkuchen. Außerdem sind da noch andere Noten, auch irgendwie würzig, aber unbekannt. Vielleicht kommen die vom Cognac?
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Taste: Auch auf der Zunge ist der Whisky ein wenig süß, und die Holznoten sind auch wieder da. Im Gegensatz zum recht weichen Eindruck in der Nase ist er hier aber durchaus ein wenig bissig. Dann Karamellnoten und Melasse. Letztere fand ich schwer zu entdecken (Andrew hat uns mit der Nase drauf gestoßen), aber nachdem sie einmal entdeckt war, war der Eindruck sehr klar. Die Melasse- und Karamellnoten passten übrigens sehr schön zueinander.
- Finish: Das Finish mittellang, aber es hat etwas, das ich mal als "airy" (also "luftig") bezeichnen möchte. Neben den Geschmacksnoten in Gaumen und Hals hatte ich das Gefühl, dass auch in der Atemluft noch allerlei Aromen stecken. Sehr schön!
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Bunnahabhain 11yo (bottled Oct. 2016) Manzanilla Finish, 57,4% - Jetzt ging es zur Sache! Der nächste Whisky kam in unverdünnter Fassstärke daher. Laut Tastingsheet handelte es sich um eine Manzanilla-Finish (einer der trockeneren Sherries), aber Andrew zweifelte das an. Er meinte, der Whisky müsste komplett in dem Sherryfass gereift sein.
- Nose: Das war fast wie ein Besuch bei einem alten Bekannten. Hätte ich es nicht besser gewusst, ich hätte geglaubt, einen Tobermory im Glas zu haben. Die gleiche ledrige Würze, an der sich die Geschmäcker scheiden. Jedenfalls die von meiner Frau ("wie Maggi") und mir. Buttriges Gefühl auf der Zunge, sahnig, Karamell, süßes Popcorn, trotz der Fassstärke nur dezenter Alkohol - traumhaft!
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Taste: Auch auf der Zunge bilde ich mir die Verwandtschaft zu Tobermory ein. Würzige Noten, jetzt deutlicher mit Sherry, dazu Karamell und mehr Alkohol als in der Nase.
- Finish: Der Abgang ist lang und warm. Hier macht sich dann doch die hohe Alkoholstärke bemerkbar, aber sie trägt die anderen Noten mit sich, anstatt sie zu erschlagen.
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Bunnahabhain 11yo (bottled Oct. 2016) Marsala Finish, 46,3% - Jetzt wieder verdünnt, ebenfalls 11 Jahre alt, diesmal aber definitiv ein Finish, und zwar in einem Marsala-Fass. (Ein Marsala-Finish hatte ich auch letzen Mai beim Bunnahabhain-Day in der Destillerie kennengelernt, aber damals handelte es sich um einen "Moine", also einen intensiv getorften Whisky.)
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Nose: Hier also ohne Torf. Dafür stehen Früchte im Vordergrund. Zuerst entdecken wir Brombeeren später gesellt sich Apfel dazu. Der Whisky wirkt in der Nase deutlich runder und weicher als der mit dem Cognac-Finish.
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Taste: Und auch auf der Zunge ist er weich und rund. Würzig, süß (Butterscotch, Fudge?), und ganz leichte Anisnoten.
- Finish: Im Abgang ist er mittellang und "dick". Damit meine ich, dass er sich auch im Abgang noch so anfühlt, als ob er sich auf alles legt. Klingt komisch, ist aber so.
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Mein Favorit unter den Fassproben war der mittlere (Fassstärke, Manzanilla-Finish). Aber der Vorsprung vor dem ersten (Cognac-Finish) war sehr knapp. Vielleicht wäre es andersherum ausgegangen, wenn der Manzanilla nicht in Fassstärke dahergekommen wäre oder mit der Tobermory-Fahne gewinkt hätte. Aber die Platzierung ist gar nicht so wichtig, eher das Glück, gleich zwei so tolle Whiskies in einem Tasting zu haben. Die Kurzumfrage in der Teilnehmerrunde ergab auch, dass definitiv beide ihre Fans hatten.
Nach einer weiteren Pause (diesmal ohne Flammkuchen, also mit mehr Zeit für Smalltalk und Fachsimpelei, an der sich Andrew übrigens intensiv beteiligte) gab es in der letzten Session noch zwei rauchige Bunnahabains zu probieren. Bunnahabhain hat lange Zeit völlig ohne Torf gearbeitet (abgesehen von den Anfangszeiten der Destillerie natürlich, als Torf das einzige verfügbare Brennmaterial war). Erst 1997 wurden (auf Betreiben des Marketings, wenn ich mich richtig erinnere) erste Experimente mit Torf gemacht, und seit 2003 gibt es regelmäßig getorfte Abfüllungen. Allerdings bezieht Bunnahabhain seine Gerste nicht von Islay, sondern von der englischen und schottischen Ostküste.
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Bunnahabhain Toiteach, 46% - Der gälische Name (Aussprache: "Tochtschach" mit den ch wie in "doch") bedeutet "Smoke", also "Rauch". Eine Altersangabe gibt es nicht. Die Hälfte des Malzes ist mit etwa 50 ppm (parts per million Phenol) getorft, die andere Hälfte ist ungetorft. Kleine Anekdote am Rande: der Toiteach hat "nur" 46%". Andrew erzählte, dass er Dr. Kirstie McCallum, Master Blender bei Burn Stewart, nach dem Grund gefragt habe. Antwort: die Etiketten waren schon gedruckt und sollten nicht nochmal neu gedruckt werden.
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Nose: Natürlich ist der Rauch das erste, was die Nase wahrnimmt. Zum einen, weil er recht intensiv ist, zum anderen, weil der Rauch der deutlichste Unterschied zum bisherigen Abend ist. Aber auch frische Gerste meinen wir zu erkennen. Dazu die dann wieder vertrauten, fruchtigen und süßen Noten.
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Taste: Und auch die Zunge kommt jetzt vornehmlich in den Genuss von Rauch. Die Süße und Fruchtigkeit ist ebenfalls wieder da. Unter den Früchten sticht diesmal die Banane deutlich hervor.
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Finish: Der Abgang ist lang und trägt den süßen Rauch noch eine ganze Weile.
- Der Whisky in der Whiskybase: 36222
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Bunnahabhain Ceòbanach, 46,3% - Der gälische Name (Aussprache: "Kjubanach", ch wie in "doch", Betonung auf erster und dritter Silbe) bedeutet "Smoky Mist", also "Rauchiger Nebel". Eine genaue Altersangabe gibt es auch hier nicht. Allerdings steht auf dem Etikett, der Whisky habe "länger als 10 Jahre in Ex-Bourbon-Fässern gelegen". Also kein genaues, aber durchaus ein reifes Alter. Getorft ist der Ceòbanach mit 35-45 ppm.
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Nose: Sherry finden wir diesmal nicht. Ungewöhnlich für einen Bunnahabhain, aber logisch, wenn nur Ex-Bourbon-Fässer zum Einsatz kamen. Dafür riechen wir Holznoten, kaum Süße, und reichlich Rauch.
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Taste: Und auch hier: viel Rauch, Holznoten. Vielleicht ein bisschen süß, und wenn man nur will, dann entdeckt man auch Spuren von Vanille. Insgesamt ein recht klassischer Ex-Bourbon-Whisky, plus natürlich Rauch und Torf.
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Finish: Der Abgang ist mittellang, ohne auffällige zusätzliche Noten.
- Der Whisky in der Whiskybase: 73761
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Auch bei den getorften Whiskies war ich mir mit meiner Frau nicht ganz einig. Sie bevorzugte ganz klar den Ceòbanach, der sich mit seinen fehlenden Sherrynoten vom Rest des Programms deutlich unterschied, ich mochte den Toiteach lieber. Aber dass ich etwas für die Kombination aus Rauch und Sherry übrig habe, ist nun auch kein Geheimnis.
Bleibt ein Fazit des Abends zu ziehen. Und das ist ganz eindeutig positiv! Schöne Atmosphäre (was in einem Ladengeschäft ja nicht unbedingt selbstverständlich ist), nette Gäste, spannende und amüsante Moderation, tolle Whiskies und ein Gastgeber, der das alles mit Engagement und Augenmaß zusammengestellt hat. Das war bestimmt nicht unser letztes Tasting bei Whisky for Life.
Zum Veranstalter gehts hier: Whisky For Life
Zur Destillerie gehts hier: Bunnahabhain