Ledaig 2004
Mull ist eine landschaftlich wunderschöne Insel. Im Süden das Tal mit seiner Seenkette (Loch Sguabain, Loch an Ellen, Loch Airdeglais), in der Mitte Loch Na Keal mit der kleinen Insel Eorsa, dazwischen Loch Scridain. Im Nordwesten der geradezu karibische Strand der Calgary Bay (von hier aus brachen übrigens die Auswanderer auf, die ihre neue Heimat in Kanada nach der alten benannten - Calgary), und kurz unterhalb der Nordspitze der pittoreske Hauptort Tobermory. Ich kannte und mochte die Insel schon, bevor mich die Begeisterung für Whisky packte, aber als mich dann das "Wasser der Lebens" zu interessieren begann, waren es andere Destillerien, die mich mehr interessierten als die kleine und, so schien es mir damals, unbedeutende Destillerie am Ortseingang von Tobermory.
Wie sich die Ansichten ändern können. Heute gehören die Whiskies von Mull zu meinen absoluten Lieblingen. Der ungetorfte Tobermory, und noch mehr der getorfte Ledaig mit seinem unnachahmlichen Aroma, das an Öl und würzigen Waldhonig erinnert. Als mir deshalb neulich der Newsletter eines Whiskyshops in die Mailbox flatterte und darin ein Ledaig 2004 aus der Signatory Cask Strength Collection angeboten wurde, konnte ich nicht widerstehen, und schon am nächsten Tag lag er in der Packstation.
Der gute Tropfen hat die Bezeichnung "Cask Strength" wahrhaftig verdient, besteht er doch zu satten 62,3% aus Alkohol. Darüber hinaus stammt er aus einem einzelnen Fass (Fass #900177, wir haben Flasche 259/599), und nach der Aufschrift "matured in a 1st fill Sherry Butt" durfte er seine 10 Jahre (destilliert: 24.11.2004, abgefüllt: 09.06.2015) in diesem Sherryfass verbringen. Und das sieht man ihm auch an. Er ist von tief dunkler Farbe mit einem leichten rötlichen Einschlag. So vielversprechend, wie man es sich nur wünschen kann.
Nose: Die Geruchsnoten sind sehr intensiv, der sonst für Ledaig typische ölige Geruch ist aber dabei recht zurückhaltend. Dafür steigt viel Sherry aus dem Glas in die Nase, dazu geröstete Erdnüsse und frische Früchte.
Taste: Hier finden wir uns schon eher in der typischen Ledaig-Welt. Es gibt Holz, Rauch und Sherry bei einer gehörigen Schärfe zu schmecken. Merkwürdigerweise meine ich auch Vanille entdeckt zu haben, was nicht so ganz zur vollständigen Sherryfassreifung passt. Später intensiviert sich der Rauch noch spürbar.
Finish: Das Finish ist warm und lang, und erneut hat er viel Schärfe zu bieten. Das ist allerdings nicht die erwartbare Alkoholschärfe, sondern erinnert eher an pikante Gewürze und vor allem Pfeffer.
mit Wasser: Gönnt man dem Ledaig ein paar Tropfen Wasser, wird er weicher und luftiger. Das Holz bleibt, und die ölige Ledaig-Note kommt durch. Insgesamt gewinnt der Whisky durch das Wasser deutlich, aber es ist überhaupt nichts dagegen einzuwenden, das Wasser erst "zur Halbzeit" hinzuzufügen und beide Seiten dieses hervorragenden Tropfens zu genießen.
Wertung:
Zur Destillerie gehts hier: Tobermory