Laphroaig Quarter Cask

Seit vielen Jahren bin ich Mitglied bei den "Friends of Laphroaig", der Community der berühmten Destillerie. Der Anmeldezettel dazu lag mal in einer Flasche bei, die ich im Duty Free Shop eines Flughafens erstanden habe. Wenn ich mich richtig erinnere, müsste das 2001 in Rom gewesen sein. In all diesen Jahren habe ich immer brav den Newsletter gelesen und gehofft, dass ich irgendwann einmal nach Islay komme, um meinen Quadratfuß Land zu besichtigen und die Grundrente ("one Dram") mitzunehmen. Dieses Jahr war es nun soweit: wir waren auf Islay. Aber es war wie verhext: zwischen allen anderen Programmpunkten ergab sich wirklich gar keine Gelegenheit, mal bei Laphroaig vorbeizuschauen. Dabei lagen wir mit der Flying Dutchman on Port Ellen, waren also geradezu in Fußreichweite. Aber: nichts zu wollen. Immerhin habe ich einen Ausdruck meines Zertifikates Freunden mitgegeben, die ein paar (um nicht zu sagen: die entscheidenden) Tage länger blieben und Laphroaig noch auf dem Plan hatten. So habe ich immerhin ein paar Fotos. Fähnchen und Whisky bekomme ich dann Anfang Dezember beim großen Wiedersehenstasting.
In der Zwischenzeit habe ich mir in einem Whiskyladen hier in der Nähe eine Flasche Laphroaig Quarter Cask zugelegt. Für die aufwändige Reifung in den kleinen Quarter Casks (50 Liter, das ist ein Viertel - daher der Name - eines American Standard Barrel) ist der gar nicht mal so teuer. Er kommt mit 48% Alkohol daher und ist nicht kühlgefiltert. Allerdings steht auf dem Etikett der Hinweis, dass der Whisky "caramel coloured" ist. Das ist schon selten, dass Single Malts nachgefärbt werden. Ob er es nötig gehabt hätte? Ich finde nicht, aber vielleicht ist das ein Zugeständnis ans Marketing. Denn trotz der Färbung ist er recht blass, wer weiß also, wie nah er (farblich) am New Make gewesen wäre, hätte man nicht nachgeholfen ...
Nose: Das erste, was mir in der Nase auffiel, war eine starke Brise Gras. Kein frisches Gras, sondern eher gemähtes Gras, das schon eine Weile auf der Wiese liegt und nur noch ein wenig feucht ist. Dazu natürlich Torf, Rauch, Öl, Seetang und die für Laphroaig typische medizinische Note.
Taste: Was ich in der Nase noch vermisst hatte, kommt nun auf der Zunge: der Geschmack nach Holz, der die Lagerzeit in Bourbonfässern anzeigt. Die oft damit verbundene Vanille finde ich nicht, aber der Whisky ist auffallend süß. Das hatte ich jetzt von einem Laphroaig nicht erwartet. Aber im Verein mit immer noch Seetang, Torf und Rauch kommt das richtig gut. Alkoholschärfe ist nur ganz wenig zu schmecken, aber mehr hätte den sehr runden Gesamteindruck auch schnell aus der Balance gebracht.
Finish: Hier wirds heiß, aber das bleibt nur sehr kurz so. Danach ist der klassische Abgang vorüber, aber in der Atemluft bleibt noch lange der Nachhall von Holz, Torf und Medizin erhalten.
Der Laphroaig Quarter Cask ist - obwohl kraftvoll und rauchig - sehr rund und wunderschön ausbalanciert. Schärfe, Süße, Rauch und vielfältige Geschmacksnoten sind sicherlich nicht ganz leicht in dieser Ausgewogenheit unter einen Hut zu bekommen. Umso erfreulicher natürlich, dass es hier gelungen ist. Mit diesem Whisky kann man vielleicht auch jemanden an Islay und die anderen schottischen Inseln heranführen, dem der Torf bisher nicht so sehr liegt. Ich fürchte, damit ist wieder ein Dauerplatz in meinem Whiskyregal vergeben ...
Wertung:
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