Private Tasting (Oktober 2015)

Private Tasting

Zu einem typischen Tasting geht man in ein Lokal oder eine andere Örtlichkeit, die der Veranstalter gebucht hat. Man zahlt den Preis (oder hat ihn schon vorher überwiesen) und genießt die angebotenen Whiskies und die Moderation des Veranstalters. Wer Drambo regelmäßig liest, hat mitbekommen, dass ich diese Art der Veranstaltung durchaus gelegentlich besuche.

Zu einem untypischen Tasting trifft man sich mit denselben Leuten privat, die man sonst bei den typischen Tastings trifft (einschließlich der Veranstalter!), bringt die Whiskies, die man gerne einmal vorführen möchte selbst mit und verzichtet auf die Moderation. Stattdessen erzählt jeder über die eigenen Whiskies, was er für erwähnenswert hält.

Ein solches Tasting fand kürzlich statt, und ich war dabei. Der Vollständigkeit halber (und weil er das hier bestimmt auch liest ) sei erwähnt, dass einer der Veranstalter unserer typischen Tastings verhindert war. Ich finde, das ist Grund genug, so etwas nochmal zu wiederholen.

Elf Teilnehmer, knapp 20 Whiskies und ein Gastgeber, der nicht nur die Räumlichkeiten zur Verfügung stellte, sondern auch für das kulinarische Umfeld (andere Getränke, Häppchen) und die mediale Begleitung (schottische Musik und Fotos von den letzten Schottlandreisen) aufs Feinste gesorgt hatte. Damit waren alle Voraussetzungen für einen weiteren unvergesslichen Abend geschaffen.

Natürlich kann man an einem Abend nicht 20 Whiskies kosten. Schon die zwölf (plus ein Whiskylikör), auf die ich es gebracht habe, gingen nur, indem man sich bei der Menge zurückhielt und an dem einen oder anderen nur mal nippte. Und die Heimfahrt im Taxi war auch selbstverständlich.

Mehr noch als bei klassischen Tastings gilt bei dieser Art der Veranstaltung, dass man keine ausführlichen Tastingnotes zusammenbekommt. Aber darum geht es ja auch gar nicht. Viel wichtiger sind die Gespräche (über Whisky und anderes) und das gemeinsame Genießen der mitgebrachten Tropfen. Dshalb auch hier eine Liste der gekosteten Whiskies mit den kurzen Anmerkungen, die ich mir notieren konnte.

  • Glen Els, Special Release 2014, 46,6% - Double Port, non-woodsmoked, aged 4 to 7 years, NCF, NC, Casks: Tawny and Ruby Port Hogsheads and Firkins (50l), Batch 1604, 925 bottles. Welch ein Auftakt! Portaromen ohne Ende, dazu Marzipan, Toffee, Vanille. Alles an diesem Whisky ist warm, weich, langanhaltend und intensiv.

  • Crac's, 8 yrs, 40% - Direkt danach das genaue Gegenstück, ein spanischer Whisky. Der schmeckte nach Gerste, Gras und Holz, völlig ohne Esprit. Beim Whisky müssen die Spanier offensichtlich noch viel lernen. Gut, dass das beim Wein völlig anders ist.

  • Knockando 1975, 43% - Season 1975, bottled 1987. Das ist ein ganz klassischer Speyside, in Ex-Bourbon-Fässern gelagert. In der Nase und auf der Zunge kommen hauptsächlich die klassischen Holz- und Vanillenoten an. Der Knockando ist zwar nicht sehr alt im Sinne der Lagerdauer im Fass (obwohl heute auch immer mehr noch deutlich jüngere Abfüllungen auf dem Markt sind), aber er ist zu einer ganz anderen Zeit hergestellt worden als "heutige" zwölfjährige. Und das merktt man. Woran genau, weiß ich gar nicht mal, aber irgendwie ist er anders. Ein Besucher aus einer anderen Zeit halt.

  • Tormore 1996, 43% - Gordon&Macphail, Connoisseurs Choice, NAS. Hat er nun Sherry oder nicht? Wir waren uns nicht ganz einig, und auch das Etikett gab keinen genauen Aufschluss. Mir ging ein Hauch von Sherry durch die Nase, andere registierten eher die für Ex-Bourbon-Fässer typischen Holznoten. Außerdem waren noch Früchte dabei, Aprikose vor allem.

  • Glen Scotia Victoriana, 51,5% - exceptionally rare, Campbeltown, NCF, finished in the finest deep charred oak casks, NCF. Selten und gut. Selten einen so guten Whisky getrunken. In der Nase Holz, Kräuter, Schokolade und Malz, im Mund dann zum Schluss noch ein leichter Salzgeschmack. Langer Abgang.

  • Scoma Springbank Single Bourbon Cask, 47,2% - distilled December 1990, bottled September 2013, 209 bottles, aged 22 yrs, double matured barrel no. 586, matured for 10 years in Campbeltown, matured for 12 years on Isle of Islay, bottled for Scoma GmbH (Scotch Malt Whisky GmbH). Bourbon, Früchte, süß und mit einer Art modriger Note in der Nase. Im Mund und im langen Abgang dann deutlich salzig.

  • Glendronach 1995, 55,8% - aged 19 yrs, Cask Strength, NCF, NC, exclusively matured in the finest Pedro Ximinez Sherry Casks. Eine Farbe wie schwarzer Tee, den man zu lange hat ziehen lassen.Sehr intensives Aroma, dunkle Schokolade, Schokoladenpudding, Rosinen, Haselnuss. Im Mund dann viel Sherry und wieder Schokolade. Abgang: gar nciht mal so lang, aber warm und sehr, sehr gut.

  • Highland Park 12 yrs, 40% - Der kam mir fast so vor, als sei er zur Erholung zwischen den anderen Superwhiskies eingestreut worden.

  • Aberlour a'bunadh, 59,3% - NCF, Speyside, Batch No. 22, straight from the cask. Sherry, Sherry, Sherry. Und dazwischen ein paar Rosinen- und Holznoten. Außerdem viel Alkohol. Das schmeckt man zwar nicht bei jedem Fassstärke-Whisky so intensiv, aber es wundert einen natürlich auch nicht. Jedenfalls ehr gut.

  • Laphroaig Quarter Cask, 48% - Den Quarter Cask habe ich hier schon mal beschrieben und mit dreieinhalb Sternen auch überdurchschnittlich bewertet. Beim Private Tasting war er der erste Whisky mit Torf. Und trotz der sagenhaft guten Whiskies, die wir bis hierher schon hatten: der Quarter Cask hat mich an dieser Stelle des Abends völlig umgehauen. Die Intensität an Geruchs- und Geschmacksnoten: einfach unglaublich.

  • Ardbeg Uigedail, 54,2% - NCF. Dagegen ging der Uigedail, eigentlich irgendwo in den Top Five meiner Favoriten, in dieser Umgebung fast unter. Hätte ich einem Ardbeg gar nicht zugetraut, aber der fühlt sich in Gesellschaft anscheinend nicht sehr wohl und zeigt sein Können lieber, wenn man mit ihm allein ist.

  • Port Charlotte Scottish Barley, 50% - Hier war ich dann, glaube ich, schon über den Punkt hinweg, an dem ich einen Whisky zuverlässig beurteilen konnte. Mich hätte der direkte Vergleich zum Port Charlotte Islay Barley interessiert, der direkt daneben stand, aber noch ein Whisky wäre wohl der berühmte "eine zu viel" gewesen. Man muss wissen, wann Schluss ist, und den Vergleich hole ich dann lieber mal irgendwann nach, wenn ich auch was davon habe.

  • Kilchoman New Spirit Bramble Liqueur, 19% - nur für einen Likör hat es noch gereicht. Und auch den kannte ich schon. In Kilchomans Brombeerlikör steckt außer eben Brombeeren sowohl der Whisky des Hauses als auch deren New Make. Na, vermutlich ist er nicht ganz frisch destilliert, sondern hat schon eine Weile im Fass gelegen, aber eben noch keine drei Jahre, so dass er sich Whisky nennen dürfte. Die Kombination aus dem süßen Brombeergeschmach und den intensiven Raucharomen des Kilchoman-Whiskies ist sehr gewöhnungsbedürftig. Ich bin auf diesem Weg der Gewöhnung schon einen Schritt weiter als zu Beginn (und weiter als meine Frau), aber bis zur Freundschaft ist es noch ein weiter Weg.

Eine lange Liste für einen langen Abend. Beim nächsten Mal (das es sicher geben wird) werden es bestimmt weniger Whiskies. Aber ich bin sicher: der Abend wird um keinen Deut schlechter. Sláinte.

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