Kneipenbesuch im Schlappen (Freiburg)

Ein Wochenende in Freiburg nutzte ich dazu, den "Schlappen", eine bekannte Freiburger Kneipe, zu besuchen, die dem Vernehmen nach das größte Whiskyangebot der Stadt hat. Die Lage - einerseits mitten in der Altstadt, andererseits nahe bei der Universität - führt dazu, dass es dort nie wirklich leer ist. Deshalb zog ich am ersten Abend auch unverrichteter Dinge wieder ab. Es war kein Platz zu bekommen, noch nicht mal am Tresen, und auch nicht, als ich es später nochmal versuchte. Also legte ich mir für den nächsten Abend einen Plan zurecht: früh eintreffen, erst mal was Gutes essen (eine exzellente Nudelpfanne) und dann einen Blick in die Whiskykarte werfen.
Die Whiskykarte hatte es tatsächlich in sich: 51 schottische Single Malts, 7 Whiskies in Fassstärke und 12 "Besonderheiten", die in einem 25-jährigen Dalmore gipfelten, dazu noch diverse Iren, Kanadier, Amerikaner und einige Blends. OK, dem Vergleich mit dem Pot Still oder dem Ballygrant Inn hält der Schlappen natürlich nicht stand, aber das war ja auch nicht der Maßstab. Und selbst bei dieser Auswahl musste ich mir (schon wieder) einen Plan zurechtlegen. Ich nahm mir vor, maximal vier Whiskies zu trinken, davon mindestens drei aus Destillerien, die ich noch nicht kenne, und zum Schluss einen guten Bekannten. Ich bin mir nicht sicher, ob die ersten drei Destillerien alle "Neulinge" für mich waren, aber zumindest habe ich sie bestenfalls selten im Glas gehabt.
Bevor ich jetzt ein paar Worte über die genossenen Whiskies verliere (die übrigens im Schlappen alle mit 4cl ausgeschenkt werden - außer den teuren Besonderheiten, von denen bekommt man auch 2cl), ist noch ein Lob an den Schlappen fällig. Das leckere Essen habe ich ja schon erwähnt. Das Publikum ist durchaus gemischt (also nicht nur Studenten), und alle Gäste waren "angenehm normal" und entspannt. Das Personal: alles junge Leute, sehr unkompliziert und aufmerksam. Hier komme ich bestimt gerne wieder hin - zumal ein Blick in die Bar (The Botanist Gin) und und die Karte (Absinth), auch andere und neue Genüsse verspricht.
Jetzt aber zu den Whiskies, die übrigens alle in den Nosing Glasses von Classic Malts und mit einem Glas Wasser dazu serviert wurden:
Mortlach 14 yrs
Es könnte sein, dass ich schon mal einen Mortlach bei einem Tasting dabei hatte, aber zumindest war die Erinnerung daran jetzt soweit verblasst, dass ich diesen hier als für mich neu empfunden habe. Welcher das nun genau gewesen ist, weiß ich nicht. Eine Destillerieabfüllung mit 14 Jahren habe ich nicht gefunden. Es gibt zwei Abfüllungen von unabhängigen Abfüllern: Cadenheads und Douglas Laingg. Der Farbe nach (wenn man sich auf Shopfotos verlassen kann) tippe ich auf letzteren. Beide sind mit 46% abgefüllt, und so schmeckte meiner auch - so ungefähr.
Colour: Der Mortlach au der Speyside ist sehr hell. Er dürfte niemals ein Sherryfass gesehen haben.
Nose: In der Nase wirkt er fruchtig und frisch. Der Alkohol kommt nur wenig durch. Ein paar Rosinen vielleicht, und recht deutlich Holz und Vanille sind zu bemerken.
Taste: Auf der Zunge zergeht der Mortlach sehr weich. Die Fruchtaromen aus der Nase finde ich hier nicht wieder, auch die Vanille hat sich etwas verzogen. Was übrig bleibt, ist das Holz. Am Rande der Wahrnehmung habe ich dann noch ein bischen Toffee entdeckt.
Finish: Auch das Finish ist sehr weich, Kurz und angenehm bleibt das Aroma im Atem, dann ist alles vorbei.
Wertung:
Na, so richtig werde ich mit dem Mortlach nicht warm, auch wenn die Beschreibung oben vielleicht anderes vermutel lässt. Natürlich liegt das zum Teil an meinen anderen Vorlieben (Rauch und Sherry, am liebsten beides zusammen), aber der Mortlach hat eben nur "ganz-nett-Komponenten", keine Wow-Affekte. Den Platz im Regal spare ich mir lieber für andere Flaschen.
Scapa 16 yrs
Mit dem Scapa mache ich nun einen großen Schritt auf die Inseln. Genauer gesagt: auf die Orkneys im Norden. Diese Inseln beherbergen zwei Destillerien: neben dem erheblich bekannteren Highland Park eben auch Scapa. Beide liegen nur wenige Meter voneinander entfernt in Kirkwall, dem Hauptort der Inseln.
Colour: Farblich erinnert mich der Scapa an Bernstein. Meine Farbkarte hatte ich natürlich nicht dabei, deshalb ist das ein bischen vage.
Nose: In der Nase finde ich Holz und viel Vanille. ein paar Fruchtaromen, den Alkohol und ein bischen Banane. Rauch sollte man bei einem Inselwhisky eigentlich auch erwarten, aber da finde ich nichts. Nun ja, auch der Highland Park arbeitet ja mit dezentem Rauch.
Taste: Wieder kein Rauch. Dafür viel Holz und (weniger) Vanille. In Gedanken beim großen Bruder Highland Park hatte ich auch dunkle Schokolade erwartet, aber davon bemerke ich nichts.
Finish: Das Finish ist kurz und - bemerkenswert - kühl.
Die Nähe zu Highland Park finde ich recht deutlich, aber der Scapa ist einfacher und rauher im Charakter. Ich werde den Eindruck nicht los, dass er tatsächlich "nur" der kleine Bruder von Highland Park ist. Vielleicht tut man ihm damit ja unrecht, aber zumindest große Flaschen davon werde ich mir vorerst sparen. Ich könnte mir sber vorstellen, hier mal gezielt auf die Suche nach Amples zu gehen, um einen größeren Überblick über die Bandbreite der Destillerie zu bekommen.
Wertung:
Benromach 100 Proof 10 yrs
Zurück in die Speyside. Als nächstes stand ein Benromach auf dem Programm, der mit Fassstärke von 57% daherkommt und für die Region so gar nicht typisch ist.
Colour: Die Farbe würde ich ebenfalls als Bernstein bezeichnen, aber er ist deutlich dunkler als der Scapa.
Nose: Das erste, was mir in die Nase steigt, ist der scharfe Alkohol. Na, kein Wunder, bei 57% darf man den auch riechen. Als der Alkohol verflogen ist wird zum ersten Mal deutlich, warum der Whisky kein typischer Speysider ist: in die Nase dringt Rauch, und zwar nicht zu knapp. Kalter Rauch noch dazu, fast wie Asche. Später kommen noch Fruchtaromen dazu, hauptsächlich Zitrusfrüchte. Rieche ich sogar speziell Orange? Da bin ich mir nicht ganz sicher, aber irgend etwas in dieser Richtung ist es.
Taste: Jetzt der erste Schluck. Natürlich dominiert auch hier zunächst einmal der scharfe Alkohol, und auch wieder intensiver Rauch. Sherry? Ich weiß nicht. Vielleicht ein anderer Süßwein. Und ein bischen Holz. Und noch etwas, das ich nicht herausbekommen habe. Es scheinen Gewürze zu sein.
Finish: Das Finish ist lang, heiß und wieder rauchig.
Wertung:
Das war schon eine andere Nummer als sie beiden ersten. Und auch, wenn das nicht nur ein untypischer Speysider, sondern auch noch ein untypischer Benromach war, finde ich die Destillerie interessant genug, um sie bei Gelegenheit einmal ausführlicher zu begutachten.
Aberlour A'bunadh
Der letzte im Bunde hatte, wie schon oben erwähnt, nicht die Vorgabe, eine (für mich) neue Destillerie sein zu müssen. Ich hatte eigentlich mit dem Gedanken gespielt, den Abend mit einem Arbeg Corryvreckan zu beschließen, der als Angebot zusätzlich zur Karte angeboten wurde. Aber so gerne ich diesen Strudel mag, so gut kenne ich ihn auch. Am Ende hat die Neugier gesiegt. Den A'bunadh hatte ich zwar schon mal getrunken, aber was war bei einem privaten Tasting, wo ich keine Gelegenheit hatte, in Ruhe zu tasten oder mir gar ausführliche Notizen zu machen. Dann also jetzt. Ich wußte, was auf mich zukam. Obwohl ich zwar möglicherweise einen anderen Batch getrunken hatte (dieser hier hatte Fassstärke 59,7%, das dürfte Batch #53 gewesen sein), war mit einer "rauchfreien" Sherrybombe zu rechnen. Und die war es dan auch.
Colour: Das sah ein bischen wie Kupfer aus. Jedenfalls war der Whisky nochmal dunkler als der Benromach.
Nose: In der Nase gab es keine Überraschungen: Alkohol, vie Sherry, kein Rauch. Dazu Trockenfrüchte, insbesondere Rosinen.
Taste: Im Mund dann wieder viel Sherry. Auch die Trockenfrüchte und Rosinen sind wieder da. Der Alkohol überrascht allerdings mit einer erstaunlichen Weichheit und Luftigkeit. Und natürlich kein Rauch.
Finish: Das Finish ist nur mittellang (vielleicht, wei lder Alkohol im Mund so weich ist?), außerdem warm und weich. Dass man den A'bunadh allerdings nicht unterschätzen darf, merke ich, als ich mich ein wenig verschlucke. Plötzlich brennt der Alkohol wie Feuer in der Kehle. Holla, das war eine Erfahrung!
Wertung:
Der A'bunadh war - wenn auch mit Ansage - der Star des Abends. Stark, weich, süß und vielschichtig. Wenn ich nicht den Rauch der Inseln vermissen würde, dann wäre er es: mein Lieblingswhisky.
Insgesamt war das ein sehr gelungener Abend in einer urigen Kneipe, mit vielen neuen Erfahrungen und exzellenten Whiskies. Sowas macht man gerne wieder.
Zum Schlappen gehts hier: Schlappen