Ardbeg Airigh Nam Beist 2006

Ardbeg Airigh Nam Beist 2006

Ardbeg ist eine meiner Lieblingsdestillerien. Das liegt natürlich an den Whiskies, die dort produziert werden. Aber es liegt auch an den Menschen, die ich dort kennenlernen durfte. Menschen, die ihre Produkte lieben, die Whisky leben. Und Menschen, die Service und Hilfsbereitschaft groß schreiben.

Ich war zuerst im Mai 2015 dort und nahm an einer Abendführung teil. Kein Besucher mehr in der Destillerie, außer unserer Gruppe. Jackie Thompson, Managerin des Visitors Centre und des Old Kiln Cafe, führte uns durch die Destillerie. Und das war keine Standardführung. Schon zur Begrüßung wurde ein Dram der Extraklasse serviert (ein 1976er Ardbeg, der speziell für den französischen Importspezialisten Velier abgefüllt wurde), und Jackie erklärte uns in ihrer unnachahmlichen und lebhaften, begeisterten und begeisternden Art die chemische Seele des Whisky. Nach der Tour stellte sich heraus, dass etwas mit der Taxibestellung für die Gruppe nicht so lief wie geplant. Jackie fuhr uns kurzerhand mit ihrem eigenen Wagen (einem Kleinbus) in drei Fuhren nach Port Ellen - und bestellte nebenbei gleich das Essen für die Gruppe beim örtlichen Schnellimbiss.

Nur vier Monate später war ich wieder in Ardbeg. Diesmal aus Anlass des 200th Anniversary Dinner für ausgewählte Gäste aus der Umgebung und ausgeloste Glückspilze aus der ganzen Welt. Woher nimmt man eigentlich das Glück, zu so einer Veranstaltung ausgelost und eingeladen zu werden? In dieser Umgebung lernte ich dann Mickey Heads, den Destillery Manager und Gastgeber des Dinners kennen, außerdem seine Frau, eine neue Mitarbeiterin, die in Zukunft für Ardbeg durch die Weltgeschichte reisen und Fässer begutachten wird, und Lynn, die zum Shop gehört und mir einige Monate zuvor geholfen hatte, als meine Bestellung durch den langen Poststreik wieder in der Destillerie gelandet war. Und so ganz nebenbei stellte sich der Sitznachbar als Architekt einer neuen Destillerie auf Islay heraus - Ardnahoe, wie mittlerweile offiziell bekannt wurde.

Auch für die leiblichen Genüsse wurde exzellent gesorgt. Es gab zu jedem der hervorragenden Gänge einen Whisky, der dem Essen in nichts nachstand. Von der schon oben erwähnten Velier-Abfüllung (davon gibt es anscheinend noch ein paar Vorräte) über den neuen Supernova, einen feinen Tropfen aus Mickeys Privatfass bis zum "1815", einer auf 400 Flaschen limitierten und mit 3000,- GBP pro Flasche nicht gerade billigen Jubiläumsabfüllung, der zum letzten Toast am Pier ausgeschenkt wurde.

Und als sei das alles noch nicht genug, gab es noch ein Bonbon der besonderen Art. Ardbeg hatte, inspiriert von einem vorausgegangenen Dinner (200 Jahre sind soviel, dass man das ruhig mehrfach feiern kann), vorgeschlagen, dass die Gäste ihre eigenen Ardbeg-Abfüllungen mitbringen könnten, die sie gerne mit anderen Ardbeg-Liebhabern teilen möchten. Das hatten verschiedene Gäste auch getan, und so machten allerlei Seltenheiten wie Blasda, Ardbog und Galileo die Runde. Ein Abend im Whisky-Paradies.

Der letzte Punkt führt mich nun (endlich?) zu dem Whisky, den ich heute beschreiben möchte. Denn mein Beitrag zum Abend war ein Airigh Nam Beist, 1990 destilliert und 2006 mit 46% abgefüllt. Bei dem Überfluss genialer Whiskies war natürlich einiges übrig geblieben, und so kann ich heute etwas über diesen leckeren Tropfen erzählen, der übrigens weder gefärbt noch kühlgefiltert wurde.

Colour: M7 (Safran)

Nose: Der erste Eindruck ist kraftvoll und rauchig. Danach kommen Holz und Vanille durch, Spuren, die die Eichenfässer hinterlassen haben, in denen der Whisky gelagert wurde. Medizinische Noten, Gischt und Seetang, alles typisch für Islay, dann Zitrusnoten und - Pinienkerne.

Taste: Auf der Zunge gibt sich der Beist unerwartet weich und ölig. Eine ungewöhnliche Geschmacksvariante für einen Islay-Whisky, die sicher zum Teil dem Alter zuzuschreiben ist. Holz und Vanille im Geschmack überraschen nicht wirklich, auch die Medizin kennen wir schon aus der Nase. Interessant ist die pfeffrige Schärfe, die hin und wieder aufblitzt - und das widerspricht nicht dem anfänglichen Eindruck von Weichheit.

Finish: Der Abgang ist mittellang und bestenfalls vorsichtig warm. Es ist aber nicht so, dass der Whisky sein Pulver zu früh verschossen hätte. Ich fühle mich eher an einen geruhsamen Feierabend nach einem lebhaften Arbeitstag erinnert, so mit Kaminfeuer, Ohrensessel und so.

Einfach, kräftig, ausgeglichen - das ist ein gezähmter Ardbeg. Nicht so bissig wie ein TEN oder Corryvreckan. Wo letztere fauchen, da schnurrt der Airigh Nam Beist nur. Lecker!

Wertung:

Zur Destillerie gehts hier: Ardbeg

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