Tasting: Whiskydinner 2016

Whiskydinner 2016

Als erstes Tasting des Jahres hatte Malt'n'Taste zum schon traditionellen Whiskydinner geladen. In Zusammenarbeit mit dem Gasthaus Zur Linde wurde den Gästen eine exzellente Mischung aus (im besten Sinne) spannenden Whiskies und delikaten Speisen serviert, wie immer anregend und informativ moderiert vom Gastgeber und Veranstalter Michael.

Das Motto "Around The World" führte uns diesmal rund um den Globus. Vier Whiskies aus vier Ländern, jeweils begleitet von einem Gang des Menüs, der passend zu Land und Whisky ausgewählt war.

Vor dem eigentlichen Start aber gab es einen weiteren Whisky, sozusagen zum Aufwärmen. Da keiner der eigentlichen Menüwhiskies aus Schottland kam, diente der Auftaktwhisky auch ein bischen als Referenz, um den Vergleich mit einem Klassiker zu haben. Wer Michaels üblichem Rat folgte, sich von jedem Whisky etwas im Glas zu behalten, konnte immer wieder zu allen Whiskies zurückkehren, um diese mit den anderen zu vergleichen - und übrigens auch deren Entwicklung im Laufe des Abends zu beobachten, die durchaus beträchtlich sein kann.

Noch der übliche Hinweis, bevor ich auf die kulinarischen Genüsse im einzelnen eingehe: bei Tastings verzichte ich auf detaillierte Tasting Notes und genieße lieber die Gesellschaft, die Stimmung und - in diesem Fall - das Essen.

Schottland

Als Auftaktwhisky gab es einen Glen Grant 10 yrs mit 40%. Dieser Whisky kommt aus der Region Speyside, der Inbegriff des klassischen Single Malt, und der Geruch und Geschmack Bourbon, Holz, Vanille, fruchtige Noten, Haselnuss) bestätigen das.

Zur Destillerie gehts hier: Glen Grant

Deutschland

Zum ersten Gang blieben wir im Lande. Genauer gesagt im "Ländle". Es gab den Finch Barrel Proof mit 54%, einen Schwäbischen Highland Whisky aus Weizen. In Port- und Bourbonfässern gereift, hat er viel von beiden Hölzern abbekommen. Dazu kommt ganz zum Schluss auch etwas zum Vorschein, das ich nicht wirklich beschreiben kann, aber von anderen Grainwhiskies kenne: das "andere Geteride", eben mal nicht Gerste bzw. Malz. Der Finch ist sehr süß und so weich, dass man ihm die 54% kaum abnimmt. Die Überraschung des Abends.

Zur Destillerie gehts hier: Finch

Dazu der erste Gang des Menüs: Schwäbische Maultaschen mit Speck und Zwiebeln. Klassisch, bodenständig - und gut!

Schweiz

Auch bei unseren südlichen Nachbarn wird Single Malt Whisky gebrannt. Und obwohl meine bisher einzige Begegnung mit Säntis wenig erfolgreich verlaufen war (ich hatte eine "Dreifaltigkeits-Edition" probiert und konnte mich mit dem intensiven Geschmack von Räucherschinken so gar nicht anfreunden), war ich auf einen neuen Anlauf sehr gespannt, denn meine Erfahrung deckte sich so gar nicht mit dem, was ich von anderen über Säntis gehört hatte. Hier gab es einen Säntis Snow White III mit 48%, der fünf Jahre in sehr alten (bis 120 Jahre - Säntis ist ein Produkt einer Brauerei!) Bierfässern verbracht hat, bevor er für ein weiteres Jahr in Pflaumenschnapsfässern gelagert wurde und sein Vieille Prune (Alte Pflaume) Finish erhielt. Kein Wunder, dass man die Pflaumen schmeckt und riecht, und zwar in allerlei unterschiedlichen Noten: frische Pflaumen, getrocknete Pflaumen und auch Zwetschenstreusel. Außerdem liegt hinter allem schwach, aber unverkennbar ein Bieraroma.

Zur Destillerie gehts hier: Säntis

Dazu der zweite Gang des Menüs: Schweizer Käsesuppe garniert mit karamellisierten Apfelspalten. Schön cremig und aromatisch.

Kanada

Wer jenseits des großen Teiches von Whisky spricht, der meint meistens Bourbon, Grain oder Rye, hauptsächlich geprägt durch den US-amerikanischen Markt. Dass es auch anders geht, zeigt der Glen Breton 10 yrs aus der Destillerie Glenora. Seine 40% entsprechen dem unteren Ende der Stärkeskala, darunter ist die Bezeichnung "Whisky" (und auch "Whiskey") nicht mehr zulässig. Dennoch wird die große Masse, hauptsächlich Blends, klassischerweise mit dieser Stärke abgefüllt. Bei Single Malts hat sich mittlerweile ein bischen mehr Alkohol eingebürgert, aber dieser hier folgt dem alten Standard. Farblich ist er der hellste Whisky des Abends (außer dem Glen Grant? - da verlässt mich meine Erinnerung), und auch geschmacklich ist er der unauffälligste. Er entwickelt sich zwar mit der Zeit deutlich und zu seinem Vorteil weiter, aber er kommt nicht wirklich an die Kontrahenten heran. In der Gruppe wurde vermutet, dass ein paar Prozent mehr Alkohol ihm gut getan hätten. So bleibt wenig im Gedächtnis außer der ungewöhnlichen Herkunft und den vorherrschenden Apfelaromen und süßen Noten sowie einem Hauch Vanille. Zugegebenermaßen interessant: die Reifung hat in Eisweinfässern stattgefunden.

Zur Destillerie gehts hier: Glenora

Dazu der dritte Gang des Menüs: Tranchen vom Lachs auf Blattspinat mit Süßkartoffel Stampf. Diesmal trug für mich das Essen den Sieg davon. Der Lachs war exzellent, die Haut knusprig und voller aromatischer Gewürze, dazu die geschmackvolle Kombination mit Spinat und Süßkartoffen - sehr lecker!

Dänemark

Zum Abschluss der kulinarischen Reise ging es wieder zurück nach Europa. Diesmal machten wir Station im Norden, genauer: in Dänemark. Auch unser nördlicher Nachbar ist nicht gerade für seinen Whisky bekannt, aber auch hier gibt es ein kleines gallisches Dorf (im übertragenen Sinne), das gegen den Strom schwimmt - und das mit Erfolg! Wir hatten einen Braunstein Library 13:1, 5 Jahre alt (2008 - 2013) mit modernen 46%, der seine intensive Farbe und viele seiner Aromen in einem Oloroso Sherry Cask bekommen hat. Von diesem Schmuckstück gibt es 1000 Flaschen. Den Sherry riecht und schmeckt man natürlich intensiv. Dazu auch ein bischen Pflaume. Den in den Tasting Notes beschriebenen Tabakgeruch haben wir vermisst, aber als meine Frau den Tropfen, der ihr über die Hand gelaufen war, verrieben hatte, war der Tabakgeruch an der Hand unverkennbar. Das wollten andere (mich eingeschlossen) natürlich ebenso testen, und (fast) alle konnten den Effekt bestätigen. Beeindruckend. Und erstaunlich, wozu so ein bischen "kleckern" gut sein kann.

Zur Destillerie gehts hier: Braunstein

Dänisch gehört nicht zu Ihren Sprachen? Deutschsprachige Informationen finden sich beim Importeur Prowhisky

Dazu der vierte Gang des Menüs: Ofenfrische Dänische Zimtschnecke mit Vanilleeis. Ein Traum! Schon der kombinierte Geruch (Glas über den Teller, Nase übers Glas) war umwerfend. Und dann erst auf der Zunge. Beim vierten Gang war alles so wie es sein sollte: klasse Whisky, klasse Essen, und in der Kombination fahren die beiden ihre Stärken erst richtig auf. Ganz klarer Sieg für - den Genießer!

Am Ende des Berichts möchte ich noch mal auf das Motte des Abends zurückkommen. Bei "Around The World" hätte man vielleicht auch fernöstliche Whiskies (Japan, Taiwan) erwartet oder eine gleichmäßigere Verteilung über den Erdball. Für meinen Geschmack ist es spannender, wenn das Bewusstsein für Whiskies über Schottland hinaus geöffnet wird, und das ist mit der Zusammenstellung des Abends hervorragend gelungen, auch wenn die Herkunftsverteilung vielleicht nicht so groß war.

Am Ende der Abends stand für meine Frau und mich dann noch ein Heimweg der besonderen Art: bei einem klassischen Eisregen war die Straße so glatt, dass sich der Heimweg (zu Fuß bergauf!) ziemlich schwierig gestaltete. Wären wir auf den Wetterumschwung nicht vorbereitet gewesen (mit Teppichresten und Klebeband kann man hervorragende Anti-Rutsch-Sandalen basteln), wären wir wohl nicht so einfach nach Hause gekommen. Ich hoffe, dass auch alle anderen Gäste, Gastgeber und Helfer heil nach Hause gekommen sind.

Und das Fazit? Wir freuen uns jetzt schon auf das Whiskydinner 2017. Muss ich mehr sagen?

Zur Tasting-Webseite gehts hier: malt'n'taste

Whisky ist ein alkoholisches Getränk. Gehen Sie verantwortungsbewußt damit um. Genießen Sie Qualität in kleinen Mengen. Gefährden Sie nicht Ihre Gesundheit.

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