DeCavo Single Malt
Blind Samples sind immer wieder spannend. Wenn man sich darauf einlässt, einen Whisky zu testen und zu bewerten, über den man erstmal gar nichts weiß, dann ist man besonders aufmerksam, denkt dreimal über sein Urteil nach und zweifelt auch die eigenen Bewertungen immer wieder an. Trotzdem liegt man in der Regel weit daneben. Jedenfalls, wenn "man" ich ist.
So auch diesmal. Ein Freund hatte mich gebeten, diesen Whisky einmal blind zu probieren, und ich war zu dem Schluss gekommen, dass es sich um einen ganz klassischen (schottischen) Whisky aus einem Ex-Bourbon-Barrel handelte. Nicht besonders alt, aber immerhin so, dass das Fass ein paar typischen Spuren hinterlassen hatte.
Ich war nicht wirklich überrascht, dass ich daneben gelegen hatte, aber was ich dann letzten Endes getrunken hatte, das fand ich dann doch bemerkenswert.
Es handelte sich um einen deutschen Whisky, den DeCavo Single Malt aus der Märkischen Spezialitäten Brennerei. Der Name, zu deutsch "aus der Höhle", leitet sich wohl vom Lagerort der Fässer ab, wie auch der Untertitel "Handcrafted Höhlenwhisky". Viel mehr weiß ich nicht über den Whisky, außer dass es sich um einen Single Malt ohne Altersangabe handelt, der mit 47,3% abgefüllt wurde.
Ach ja, laut der Shop-Webseite hat Jim Murray, Autor der bekannten, jährlich erscheinenden Whisky-Bibel, tatkräftig bei dem Projekt geholfen und den Whisky auch sehr gut bewertet.
Ich habe von dem ursprünglichen Abend ein Sample mitgenommen, und so kann ich hier über ein zweites Tasting in ruhigerer Umgebung (das erste war bei einem Whiskyabend in größerer Runde) berichten, bei dem ich natürlich Papier und Stift zur Hand hatte ...
Colour: C3 - Stroh
Nose: Das erste, was auffällt, sind Früchte und eine herbe Bonbonsüße, die an eine Haribo-Mischung mit Lakritz erinnert. Dann gar nicht mal so wenig Alkohol, Karamell, helle Früchte (vielleicht trockene Aprikose oder Ananas) und irgend etwas, das an eine Wäscherei mit Dampf und frischer Wäsche erinnert. Ganz zum Schluss finden wir noch einen Schuss leichter Säure, die im Gesamtbild eher negativ auffällt.
Taste: Im Mund ist der Alkohol präsenter, vor allem am Gaumen, dazu eine mäßige Schärfe (Pfeffer?) eine leichte Bitterkeit und Holzigkeit, eine (ebenfalls mäßige) Süße, einen Hauch Karamell und eine Ahnung von Popcorn. Keine Früchte, die sind in der Nase geblieben. Insgesamt hält der DeCavo am Gaumen nicht ganz, was die Nase verspricht.
Finish: Der Abgang ist mittellang und warm, spielt sich vorwiegend im Mund ab. Nach mehreren Schlucken dringt die Wärme dann ein Stückchen tiefer in den Schlund vor.
Wertung:
Unter den deutschen Whiskys ist der DeCavo derjenige, der am nächsten an einen klassischen Ex-Bourbon Malt herankommt. Und das, obwohl ein paar typische Noten wie Holz oder Vanille nur wenig vertreten sind. Der erste Eindruck aus dem blind probierten Dram hat sich damit durchaus bestätigt. Der DeCavo ist ein durchaus angenehmer Whisky. Für das Regal taugt er bei mir dennoch nur bedingt, aber das hat eher mit der Größe meines Regals zu tun. Und dass die schottischen Whiskys die Latte ganz schön hoch hängen. Aber der DeCavo hat definitiv Potenzial. Vielleicht tut ihm eine längere Lagerung gut. Dieser hier hat keine Altersangabe, ist also vermutlich höchstens fünf Jahre alt. Ich würde ihn gerne mal im Alter von 10 oder 12 Jahren probieren. Und wer weiß - vielleicht würde ich ihm dann ein Plätzchen im Regal freiräumen ...
In der Whiskybase habe ich den Whisky nicht gefunden. Dieser hier scheint der "große Bruder" (mit höherer Alkoholstärke) zu sein.
Zur Destillerie (bzw. ihrem Shop) gehts hier: Märkische Spezialitäten Brennerei