Alle Artikel zu Ladyburn.

×

Ein Abend im Paradies: The Auld Alliance

ShortWhiskyDescription

Bis man das Geld für einen großen Urlaub zusammengespart hat, kann es schon mal ein paar Jahre dauern. Als wir angefangen haben, immer wieder mal etwas Geld für eine Reise nach Südostasien zurückzulegen, hatte ich noch nicht wirklich viel mit Whisky zu tun. Letzten Monat nun war es so weit, und eine der Stationen war Singapur. Faszinierende Stadt, ohne Zweifel, aber der Anlass dieses Artikels ist ein Kleinod, das ich ohne den Tipp eines Whiskybekannten sicher nicht gefunden hätte.

Wir waren in der "Auld Alliance", einer Whiskybar. Um genau zu sein: der Whiskybar der Stadt. Gedämpfte Beleuchtung, opulente Ledersessel, Raritätenvitrinen und Barregale, in der in anderen Bars das Gesamtsortiment locker Platz gehabt hätte - hier gefüllt mit ausschließlich Whisky.

Nachdem wir einen Platz gefunden und die Vitrinen (drei Flaschen Black Bowmore, ein Springbank von 1941) ehrfürchtig bestaunt hatten, kam der Kellner mit der Karte. Ich war gewarnt worden, dass die Preise gesalzen sein würden, also wählten wir immer das kleinste Glas (2cl), so dass wir ein bisschen mehr von der immensen Auswahl genießen konnten. Natürlich haben wir alle Whiskies des Abends gemeinsam verkostet. Zugegeben: billig war der Abend nicht. Aber er hat mich erheblich weniger gekostet hätte, als ich vorher gedacht hätte, wenn ich unsere Liste gesehen hätte. Und er war jeden (Singapur-)Dollar wert!

Auf Wertungen habe ich diesmal verzichtet. Das würde diesen Schätzen einfach nicht gerecht.

Bunnahabhain 40 yrs "Infinity" 1974 for Samaroli, 43,6%

Meine Frau startete mit einem Bunnahabhain aus ihrem Geburtsjahr. Abgefüllt 2014 brachte er es dann auf stolze 40 Jahre. Es handelte sich um eine Einzelfassabfüllung (Cask 604) und auf dem Tisch stand Flasche #132/199.

Wenn ich sage, die Flasche stand auf dem Tisch, dann meine ich das wörtlich. Der Kellner brachte nicht nur die Gläser (jeweils eines mit einem kleinen Farbpunkt markiert), sondern er stellte uns auch die Flaschen hin, die wir also in Ruhe inspizieren (und fotografieren) konnten.

Colour: Gold

Nose: Ex-Bourbon-Noten: Vanille und Holz. Erst nach einigen Minuten öffnen sich die für Bunnahabhain typischen würzigen und süßen Noten, außerdem ein leicht blumiger Duft.

Taste: Schon beim ersten Schluck ist der Whisky vollmundig (aber nicht penetrant). Die Holznoten haben jetzt die Überhand gewonnen, aber ein Gewürz ist noch da, das wir leider nicht identifizieren können. Und man schmeckt das immense Alter, der Whisky zieht den Speichel aus den Wangen.

Finish: Der Abgang ist dann nicht mehr lang, Der Whisky verflüchtigt sich schnell. Ob das ein Effekt des Alters ist, weiß ich nicht. Ein MAngel an Qualität und Genuss ist es jedenfalls nicht!

Der Whisky in der Whiskybase: Tja, auch die größte Datenbank hat ihre Grenzen. Oder ich. Diesen Whisky habe ich in der Whiskybase nicht gefunden.

Zur Destillerie gehts hier: Bunnahabhain

Glenlochy 40 yrs Gordon&MacPhail, 43%

Auch mein Start in den Abend war vierzig Jahre alt. Allerdings stammte er aus einer Destillerie, die schon 1983 geschlossen wurde. Glenlochy war neben den Schwesterdestillerien Nevis und Ben Nevis (nur letztere produziert noch) die dritte Brennerei in Fort Williams am südlichen Ende des Great Glen.

Destilliert wurde der Whisky 1968, abgefüllt 2008, und dazwischen lag er in Refill Sherry Hogsheads.

Colour: Farbe hat er nicht viel abbekommen. Der Whisky ist eher hell.

Nose: In der Nase sind vornehmlich Sherrynoten vorhanden. Neben dem Sherry selbst rieche ich Rosinen und Rum. Und ein bischen blumig ist er auch.

Taste: Die Zunge badet in Sherry. Der Whisky ist weich, warm und schön präsent auf der Zunge. Ein paar Tabaknoten und ein wenig Honig kommen noch dazu. Später finde ich noch Holznoten, die sich ohne jede Bitterkeit dazugesellen.

Finish: Der Abgang ist lang und warm.

Der Whisky in der Whiskybase: 11204

Zur Destillerie (Wikipedia) gehts hier: Glenlochy

Rare Ayrshire (Ladyburn) 37 yrs Signatory Cask Strength Collection, 49,8%

Signatory verkauft den Whisky zwar nicht unter dem Namen der Destillerie (vermutlich aus rechtlichen Gründen), aber man hat einen durchaus passenden Namen gefunden, denn eine Seltenheit aus Ayrshire sind Whiskies der Destillerie Ladyburn allemal. Auf dem Gelände von Girvan in den Lowlands wurde mit Ladyburn eine zweite Destillerie gebaut, nämlich eben Ladyburn. Anscheinend hat man sich aber verkalkuliert, denn bereits nach neun Jahren wurde Ladyburn wieder geschlossen und wenige Jahre danach abgerissen. Hinterlassen hat uns diese Fehlkalkulation ein paar seltene und teure Abfüllungen. Wie gut diese sind, konnten wir testen.

Der Ladyburn wurde am 24.10.1975 destilliert und am 22.10.2013 abgefüllt. Gelegen hat er in einem Bourbon Barrel (Fass #3423), und auf dem Tisch stand Flasche #141/177.

Colour: Gold

Nose: Der Ladyburn gibt sich in der Nase leicht und fruchtig. Wir finden Orange und Grapefruit, außerdem Holz und Vanille aus dem Bourbonfass. Später gesellt sich überraschenderweise noch Popcorn dazu.

Taste: Und auf der Zunge? Holznoten (diesmal ohne Vanille) und der Geschmack des Alters. Außerdem ein regelrechter Obstsalat!

Finish: Das Finish ist mittellang und eher unspektakulär.

Der Whisky in der Whiskybase: 58369

Zur Destillerie (wikipedia, Girvan) gehts hier: de.wikipedia.org/wiki/Girvan_(Whiskybrennerei text:Ladyburn popup:yes)

Glenugie 33 yrs Signatory Cask Strength Collection, 57,2%

Während meine Frau mit dem Ladyburn einen Ausflug in die Lowlands gemacht hatte, ging es für mich in den Osten Schottlands. In der Nähe von Aberdeen gab es seit 1831 (mit verschiedenen Unterbrechungen) die Destillerie Glenugie. Auch sie wurde 1983 - dem schwarzen Jahr für viele Destillerien - endgültig geschlossen.

Wir hatten eine Abfüllung von Signatory, die am 20.12.1977 destilliert und am 14.01.2011 abgefüllt wurde. Die Reifung fand statt in Hogsheads/Sherry Butt #2", vielleicht also ein Finish im Sherry Butt? Auf dem Tisch stand Flasche #133/573.

Colour: Sherry, leicht rötlich

Nose: Auch der Glenugie kommt zunächst mal mit Sherrynoten in der Nase daher, mit spürbarem Alkohol (aber weich, da ist keine Schärfe). Ich finde kaum Süße, der Whisky riecht eher würzig, später dann wandeln sich die Noten zum Eindruck eines milden Currys.

Taste: Auf der Zunge schmeckt man ebenfalls den Sherry. Und auch hier: kaum Süße, das ist eher ein trockener Sherry. Der Alkohol ist bei der Stärke auf der Zunge nicht zu übersehen. Und auch Holznoten und eine gehörige Portion Säure sind da. Insgesamt ist der Glenugie sehr präsent.

Finish: Der Abgang schließlich ist lang, bleibt aber im Mund.

Der Whisky in der Whiskybase: 21179

Zur Destillerie (Wikipedia) gehts hier: Glenugie

Laphroaig 20 yrs The Perfect Dram, 52,8%

Mit Runde drei öffneten wir nun dem Rauch die Tür. Meine Frau entschied sich für einen Laphroaig, der mit zwanzig Jahren (destilliert 1990, abgefüllt 2010) zwar der jüngste Whisky des Abends war, hinter den anderen aber ganz sicher nicht zurückstehen musste. Auf der Flasche waren keine Angaben zur Fassnummer, aber „Matured in an Ex-Bourbon Hogshead“ (in der Einzahl), eine Anzahl von gerade mal 225 Flaschen und eine vermutete Fassstärke von 52,8% lässt schon auf ein Einzelfass schließen.

Colour: blaß

Nose: In der Nase sind - natürlich - Torf, Rauch, und medizinische Jodnoten zu finden. Darüber hinaus ist er süß, malzig und recht fruchtig.

Taste: Dann der erste Schluck: da ist er ganz schön scharf. Deutlich schärfer etwa als der Glenugie von oben, obwohl der deutlich mehr Alkohol enthielt. Rauch und Torf schmecken wir ebenfalls, aber die medizinischen Noten fehlen hier. Dafür ist der Whisky süß - sehr angenehm im Zusammenklang mit den rauchigen Tönen.

Finish: Der Abgang ist warm und hält sich lang im Hals.

Ein sehr guter, aber ungewöhnlicher Laphroaig! Klar sind viele vertraute Noten da, aber sie sind nicht so dominant wie bei den klassischen Vertretern. Dafür sind die fruchtigen Noten stärker als üblich.

Der Whisky in der Whiskybase: 20210

Zur Destillerie gehts hier: Laphroaig

Ardbeg 24 yrs Cadenheads for Sestante, 54,4%

Mich führte der Abschluss des Abends ebenfalls nach Islay, aber für mich sollte es ein Ardbeg sein. Ardbeg ist neben Tobermory meine Lieblingsdestillerie (wobei sie sich den Platz auf dem Podium friedlich teilen, anstatt sich darum zu streiten). Und ich hätte mich vermutlich den Rest meines Lebens geärgert, wenn ich die Chance nicht wahrgenommen hätte, mal einen Ardbeg aus meinem Geburtsjahrgang zu bringen. Da war es dann auch egal, dass dieser hier soviel kostete wie der Rest des Abends zusammen. Wie schon zu Beginn gesagt hielt sich der Gesamtpreis des Abends (gemessen an den getrunkenen Schätzen) durchaus im bezahlbaren Rahmen.

Der Whisky wurde 1965 destilliert und nach 24 Jahren von Cadenheads für den italienischen Händler Sestante abgefüllt. Und die Flasche („dumpy bottle, white label“) wurde für mich geöffnet - bei der Formulierung läuft mir auch heute noch ein leichter Schauer über den Rücken.

Colour: Gold

Nose: Ich rieche Ardbeg ohne Ende! Da ist Torf, Rauch, Holz, Vanille, salzige Noten, Moor (damit versuche ich, diesen klassischen Ardbeg-Geruch zu beschreiben). Später dann „zündelt“ er noch ein wenig: das riecht es ein Wenig nach Streichholz und Schwefel.

Taste: Im Mund ist der Ardbeg warm und sehr süß! Torf und Rauch sind ebenfalls sehr präsent, Holznoten dagegen weniger. Aber Vanille, Gerste und viele würzig Noten. Und das Moor!

Finish: Das Finish lang, bleibt aber (wie schon andere Drams des Abends) vornehmlich im Mund.

Welch ein Abschluss des Abends! Im Gegensatz zu anderen alten Ardbegs, die ich probieren durfte (zum Beispiel kürzlich ein 1978er, OA, der sehr sanft daher kam), breiteten sich hier alle typischen Ardbeg-Noten sehr präsent in Nase und Mund aus.

Der Whisky in der Whiskybase: 7690

Zur Destillerie gehts hier: Ardbeg

Das Fazit des Abends? Das steht eigentlich schon in der Überschrift. Das war ein Abend im Whiskyparadies. Man wusste gar nicht, wo man zuerst nach Schätzen suchen sollte. Da wären noch allerlei „lost distilleries“ gewesen, Seltenheiten in einer Vielfalt, die ich schlicht für unmöglich gehalten hätte. Wer als Whiskyliebhaber die Chance hat, die „Auld Alliance“ mal zu besuchen, dem sei dies ganz dringend empfohlen. Auch wenn Singapur nun weiß Gott nicht um die Ecke liegt.

Zur Bar gehts hier: The Auld Alliance

Whisky ist ein alkoholisches Getränk. Gehen Sie verantwortungsbewußt damit um. Genießen Sie Qualität in kleinen Mengen. Gefährden Sie nicht Ihre Gesundheit.

© 2015 - 2025 Drambo.