Jura Distillery

Die Hebrideninsel Jura ist so etwas wie die kleine Schwester von Islay. Nur gut halb so groß, gerade mal ein Zehntel so viele Einwohner, dafür sehr viel Rotwild - und genau eine Destillerie. Die liegt im Hauptort Craighouse an der Small Isles Bay. Craighouse war für mich als großstadtgewohnten Menschen auf den ersten Blick gar nicht so recht als Ort erkennbar: ein Hotel, eine Destillerie, ein Pub, ein Shop, ein Post Office. Ja, und wo ist hier nun der Ort? Der zieht sich über wenige Meilen an der Küste entlang, immer schön ein Haus neben dem anderen. Die Kirche steht ein paar Meter nach hinten versetzt, die Town Hall tatsächlich auf der anderen Straßenseite. Schwer zu verstehen für einen Großstädter.

Die Destillerie (weil es die einzige ist, heißt sie einfach "Isle of Jura") steht also im Zentrum der Zivilisation der Insel, und vom Bootsanleger, an dem die Flying Dutchman festgemacht hatte, waren es gerade mal 150 Meter. Das Visitors' Center war mit unserer Gruppe fast überfüllt, und die Gruppe wurde auf zwei Führungen verteilt. Die Führung war eher eine Standardführung, die Destillerie war nichts besonderes. Der Whisky dagegen ist durchaus reizvoll. Wir durften aus sechs oder sieben Whiskies einen zur Verkostung auswählen, und wenn man zu zweit ist, dann wählt man natürlich zwei unterschiedliche Expressions aus und macht ein Crosstasting.

Wir suchten uns den Jura 21 yrs mit 44% (Oloroso Finish) und den Jura Prophecy mit 46% (aus französischen Limousine-Eichenfässern) aus. Da die Zeit im Rahmen der Destillerieführung zu kurz war, gits hier keine ausführlichen Tasting Notes, nur ein paar Gedanken und eine (vorläufige) Wertung. Ausführliche Tasting Notes (und ggf. eine Korrektur der Wertung) gibt es dann später mal.

Der Jura 21 yrs macht den Eindruck, als sei er ungetorft. Vielleicht hat er ein bischen Torf aus dem verwendeten Wasser mitgenommen, aber er schmeckt sehr weich. Der Sherry aus dem Oloroso-Fass ist deutlich zu schmecken, aber mit dem Ledaig 18 yrs Single Cask kommt er bei weitem nicht mit.

Der Jura Prophecy dagegen ist deutlich getorft. Dennoch hat er recht wenig Schärfe. Sehr angenehm ist der leichte Zimtgeschmack, der ein bischen (aber wirklich nur ein bischen) Weihnachtsstimmung zaubert.

Was ich zum Schluss noch gerne loswerden möchte: Jura hat mir als Insel sehr gut gefallen. Wir hatten Gelegenheit, ein paar Schritte zu Fuß zu laufen, und dabei sind uns allerlei sympathische Details aufgefallen. Eine Schwanenfamilie mit Küken am Strand, recht nah an der Straße und dennoch in aller Seelenruhe, eine Ausstellung alter Fotos in einem Nebenraum der Kirche (völlig unbeaufsichtigt, mit einer Spendenbox und einem Zettel mit der Bitte, keine Bilder mitzunehmen), einheimischer Kuchenverkauf in einer Scheune (sehr lecker) und ein Cafe/Restaurant ohne Lizenz zum Alkoholausschank ("Just bring your own beer, that's fine"). Alles in allem eine dörfliche Atmosphäre, wie man sie sich kaum schöner vorstellen kann.

Zur Destillerie gehts hier: Jura